denkenhilftnicht

Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst

So, Urlaubspause beendet. Und eigentlich kann es (für mich) kein schöneres Posting zum Wiedereinstieg ins Bloggen geben. Schließlich darf ich vermelden, dass ich meine zwei Saisonziele in der vergangenen Woche tatsächlich erreicht habe. Zum einen kam ich mit einem einzigen Ball auf 18 Loch aus, zum anderen durchbrach ich zum ersten Mal die 90. Genauer gesagt, ich spielte eine Runde in 87 Schlägen mit reichlich Luft nach oben bzw. unten. Womit wir beim eigentlichen Thema wären: Golfpsychologie.

Es gibt eine Menge Experten, die einem erzählen, was man sich wann und wo für Gedanken beim Spiel machen soll.  Vom Mental-Guru Dr. Bob Nutella Rottella über den Zen-Golfer Joseph Parent bis zum Fleesensee-Pro-Gott Oliver Heuler, der frei übersetzt sagt, dass die meisten Psychotipps Humbug sind und man sich lieber auf dorsal sowie palmar konzentrieren solle. Was immer letzteres auch zu bedeuten hat.

Ich habe mich schon durch ein paar Mentalratgeber zum Thema Golf gequält. Immer in der Hoffnung, die Schrauben in meinem Kopf festzuziehen, die sich jedes Mal dann lockern, wenn es um etwas geht. Insbesondere in Turnieren führt dieser spontane Denkkrampf zu lustigen Begebenheiten. Häufig bin ich am ersten Abschlag so von der Rolle, dass ich den Drive im hohen Bogen 30 Meter nach links souverän aus dem Spiel befördere – und das ist nur der Anfang vom Elend. Nach der Hälfte der Runde, wenn schon alles egal ist, läuft es allerdings plötzlich wieder besser. Zu spät, aber immerhin.

Ein weiteres Beispiel für mein Problem oberhalb der Schultern ereignete sich vor drei Wochen als ich mit einem Kollegen eine gediegene Runde in den frühen Morgenstunden spielte. Die Bälle flogen hervorragend, die Putts fielen und am letzten Loch benötigte ich nur ein Bogey, um zum ersten Mal unter 90 Schläge zu spielen. Nach dieser kurzen Kopfrechenaufgabe gab ich dem Drive einen ordentlichen Slice, traf das anschließende lange Eisen zu fett und der einfache Pitch aufs Grün geriet ein wenig zu kurz. Mir blieben noch zwei Putts für vier Meter. Ich entfernte den Flaggenstock und legte ihn knapp zwei Meter links vom Loch ab. Und dahin ging der Putt mit voll Karacho. Warum, ist mir schleierhaft. Die Folge waren zwei Strafschläge nach Regel 17-3, zwei weitere Putts und eine 92 auf der Scorekarte. Hurra.

Seit 14 Tagen habe ich nun offiziell das Denken beim Golfen eingestellt. Gerechnet wird nicht mehr, beim Schlag schwinge ich einfach nur und auch das Setup wurde auf ein Grip-it-and-rip-it mit Probeschwung reduziert. Und es funktioniert. Ok, nicht immer. Aber beim Strich an Loch 1 beim vergangenen 9-Loch-Turnier war ich auch noch wild am Denken. Als sich mein Hirn ins nebulöse Nichts verabschiedet hatte, lief es besser und ich stieg bei starkem Wind auf unserem neuen C-Kurs in den für mich angemessenen Bogeytrain.

Man sieht es mir kaum an, aber nicht zu denken, ist für meine Wenigkeit keine einfache Aufgabe. Deshalb besann ich mich auf zwei Techniken, die mir vor Jahren schon mal beim Spiel geholfen hatten und die irgendwann in Vergessenheit geraten waren. Bei der ersten singe ich im Kopf statt zu denken. Das ganze Setup bis zum Rückschwung summe ich gedanklich meine persönliche Glücksmelodie. Früher einmal funktionierte dieses hier ganz gut, inzwischen bin ich hier gelandet.

Sollten mir Schwung oder Setup zu hektisch erscheinen, fange ich an zu visualisieren. Allerdings nicht den bevorstehenden Schlag, sondern den Bewegungsablauf von Ernie Els, den ich mir mal auf der Driving Range im Vorfeld eines PGA-Turniers eine halbe Stunde lang wie hypnotisiert anschaute. Versehen mit dem Mantra “Wie Ernie Els” verspüre ich dann tatsächlich die große Leichtigkeit des “Big Easy” – und mein Rhythmus ist wieder da.

Das schöne am Nichtdenken ist übrigens, das man an nichts denkt. Wasserhindernisse, Ausgrenzen, nervige Mitspieler, Netto-Preise – sie alle verschwinden auf magische Weise. Es klingt ein wenig merkwürdig und auch paradox, aber mir geht es zumindest ähnlich wie Harry Vardon in dem Film “The Greatest Game Ever Played”.  Die Konzentration auf das eigentliche Ziel findet plötzlich automatisch statt.

Sobald ich mich allerdings zu einem Gedanken an ein Hindernis in Reichweite hinreißen lasse, ist Vorsicht angebracht. Meist richtet sich mein Körper dann wie von Geisterhand auf das Ziel aus – und der Schwung geht in die Grütze. Gleiches gilt übrigens auch für den fantastischen Geistesblitz “Hey, ich habe heute noch keinen Ball verloren”. Plötzlich sieht man überall Gefahren lauern für die Kugel. Das Spielgerät verschwindet in diesem Fall zu 95 Prozent auf der nächsten Bahn im Nirgendwo.

Auch beim Putten hat sich ein Mantra bei mir eingebürgert. Seitdem ich zu mir selbst während der Schlagens ein leises “In The Hole” murmel, hat sich die meine Statistik erheblich verbessert. Mir bleibt einfach in der Birne kein Raum, um an irgendetwas anderes zu denken als an das simple Lochen des Balles. Keine Ahnung warum, funktioniert aber.

Damit ich während der Runde und zwischen den Schlägen nicht anfange, an Stableford und Konsorten zu denken, haben sich gesprächige Mitspieler bewährt. Bis zum Setup quatschen wir über Golf und die Welt, danach schlägt es sich gleich viel lockerer und Druck kommt so eigentlich nie auf.

Was jetzt noch fehlt, ist eine ordentliche Turnierrunde, um meine neue Leere im Kopf mit einem entsprechenden Handicap zu belohnen. Jeder Gedanke daran verbietet sich allerdings. Deshalb setze ich mir meine neuen Ziele erst, sobald ich sie erreicht habe.

 Meine persönliche Glücksmelodie zum Nachsummen. Bitte werfen Sie eine Münze ein!
 

4 thoughts on “Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst”

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