Solheim Cup: “Wer zahlt, schafft an!”

 

soldheim“Wer zahlt, schafft an”, schrieb ein golfnerd.de-Freund unter den von mir geposteten SPIEGEL-ONLINE-Artikel auf Facebook. In dem Text hatte ich versucht, zu erläutern, wie es dazu kam, dass der Solheim Cup 2015 nicht auf Gut Kaden, sondern – zur Überraschung vieler – im Golfclub St. Leon-Rot über die Grüns geht.

Lustigerweise fanden sich dann auch unter der SPON-Geschichte mit dem Titel “Freundliche Übernahme mit Geschmäckle” nette Kommentare im Leserforum, von denen ich hier gerne zwei zitieren möchte.

User Connor Larkin schrieb: “Man merkt dass der Spiegel aus Hamburg kommt. Die Geschichte sieht für mich ziemlich einfach aus: Gut Kaden hat es vergeigt Sponsoren zu finden. St.Leon-Rot hat eben Sponsoren gefunden und das was noch an Geld fehlt stellt Hopp zur Verfügung.”

Forumsmitglied dummgscheit verfasste folgende aufmunternde Zeilen: “Diese Geschichte haette in vielen Varianten erzaehlt werden koennen, die gewaehlte ist haarstraeubend und waere so nicht mal in Bild erschienen. … Allen unbeteiligten sei empfohlen sich zu informieren wo seid mehreren Jahren das Herz des deutschen Amateurgolfsports schlaegt. Ein Tipp: Es ist nich gut Kaden”

Na ja. Ganz so einfach ist es nicht.

Schauen wir uns doch mal eine Kurzform der bisherigen Ereignisse an.

  • Oktober 2010: Gut Kaden und die DGS bewerben sich bei der Ladies European Tour (LET) um die Ausrichtung des Solheim Cup 2015
  • Mai 2012: Die deutsche Bewerbung erhält den Zuschlag. Bis zum 15. September müssen Gut Kaden und DGS die Finanzierung des Events absichern – insgesamt wohl ein Euro-Betrag um die fünf bis sechs Millionen.
  • Sommer 2012: DGS und Gut Kaden bitten St. Leon-Rot, bei der Sponsorensuche zu helfen und die guten Kontakte von Dietmar Hopp nutzen zu dürfen. St. Leon-Rot fragt bei seinen Wirtschaftspartnern – darunter SAP und Allianz – nach. Diese sind laut St. Leon-Rot nicht interessiert.
  • September 2012: Zwei mündliche Sponsorenzusagen für den Solheim Cup werden überraschend zurückgezogen. Die Bewerbung droht zu scheitern. St. Leon-Rot-Geschäftsführer Schulz-Hanßen ist in seiner Funktion als Vize-Präsident des Deutschen Golf Verbands darüber informiert.
  • Ab 15. September 2012: Die Deadline der LET kann nicht gehalten werden. St. Leon-Rot bietet sich der DGS als Alternativaustragungsort an. Die DGS vermittelt zwischen LET und dem Golfclub bei Heidelberg. Die LET akzeptiert St. Leon-Rot als Ersatz-Venue für den Solheim Cup.
  • St. Leon-Rot entwickelt in kurzer Zeit ein neues Konzept für die Vermarktung. SAP und Allianz kommen als Hauptsponsoren an Bord, St.-Leon-Rot-Präsident Dietmar Hopp trägt das finanzielle Restrisiko.
  • St. Leon-Rot ist alleiniger Veranstalter des Solheim Cup 2015. Die DGS hat nichts mehr mit der Veranstaltung zu tun. Auch der DGV nicht, dieser soll allerdings in noch nicht definierter Art und Weise eingebunden werden (Am 15. November wird es meines Wissens nach ein Pressegespräch in St. Leon-Rot geben, an dem auch DGV-Präsident Nothelfer teilnimmt. Vielleicht ist man danach schlauer).

Soweit der Ablauf, den ich auch genauso in dem SPON-Text geschildert habe – zusätzlich unterfüttert mit autorisierten Zitaten von Schulz-Hanßen. Der Hergang wurde mir von mehreren Seiten bestätigt.

Die Sportredaktion von SPIEGEL ONLINE hat aus meiner  “Freundliche Übernahme” die Überschrift “Freundliche Übernahme mit Geschmäckle” gemacht. Warum? Weil man sich wahrscheinlich einfach aufgrund der Faktenlage ein paar Fragen stellen muss. Unter anderem, ob in St. Leon-Rot nur halbherzig bei der Sponsorensuche geholfen wurde und man eigentlich ein größeres Interesse am Scheitern der ursprünglichen Bewerbung hatte, um dann den Cup selbst auszurichten. Dass die Doppelrolle von Schulz-Hanßen als Geschäftsführer von St. Leon-Rot und als DGV-Vizepräsident – mit Einblicken in den Stand der Bewerbung – manch einem übel aufstößt, kann ich verstehen. Wurden also Club- vor Verbandsinteressen gestellt?

Auch kann man es befremdlich finden, dass sich die DGS zwei Jahre um den Zuschlag der LET bemüht, dann den Vermittler spielt – und letztendlich von einem DGV-Funktionär wieder ins hinterste Glied gestellt wird. Die verbandseigene Vermarktungstochter soll nun in Konkurrenz mit Langer Sport Marketing und der European Tour treten – und das ist, vorsichtig gesagt, eine anspruchsvolle Aufgabe.

Befreundete Hardcore-Verschwörungstheoretiker haben sich mir noch mit zwei weiteren Fragen angedient, die mir allerdings ein wenig zu Hoppywood sind: Warum sind die Sponsoren, die mündliche Zusagen gaben, so überraschend von der deutschen Bewerbung abgesprungen? Werden diese Sponsoren sich jetzt trotzdem beim Solheim Cup in St. Leon-Rot engagieren?

All diese Fragen sind hochspekulativ. Es gibt keine Beweise, dass irgendetwas unsauber bei der Vergabe des Solheim Cup gelaufen ist. Und so wird auch im SPON-Text nichts behauptet oder unterstellt. Es wird nicht mal etwas angedeutet. Einzig in der Überschrift steht das Wort “Geschmäckle” - und wenn Menschen beim reinen Lesen der Fakten, dieses Gefühl beschleicht, dann geht das in meinen Augen in Ordnung.

Natürlich hätte ich es mir als Hamburger Jung gewünscht, dass der Cup nach Gut Kaden geht. Im ersten Moment war ich sogar etwas sauer, als ich davon hörte, dass nun St. Leon-Rot Austragungsort ist. Dieses Gefühl ging allerdings schnell vorüber: Ich freue mich, dass der Solheim Cup nach Deutschland kommt – St. Leon-Rot ist ein großartiger Austragungsort. Der Platz ist top, der Club hochprofessionell mit einem großen Schwerpunkt auf die Jugendarbeit geführt. Alle Bedenken, die ich spontan in Bezug auf Hotels und Verkehrsanbindung hatte, waren wohl unbegründet.

Zum ersten Mal findet in der Geschichte des Wettbewerbs der Junior Solheim Cup auf der gleichen Anlage wie der “große” Solheim Cup statt. Das ist mehr als nur lobenswert – und eine echte Bereicherung.

Ich finde auch einige Ansätze aus dem Vermarktungs-Konzept, dass mir Schulz-Hanßen kurz und knapp erklärte, sehr gut. Insbesondere das leidige Thema Golf im Free-TV könnte 2015 eine wunderbare Lösung finden: St. Leon-Rot ist im Besitz der deutschen Fernsehrechte und überlegt, das Turnier in Echtzeit im Internet zu zeigen.

Andere Probleme halte ich bislang für weniger gut durchdacht. Um die nötige Aufmerksamkeit für den Solheim Cup in Deutschland zu generieren (direkt nach dem Solheim Cup 2013 in Parker, USA, soll die Kampagne starten), liegt das Augenmerk von St. Leon-Rot derweil hauptsächlich auf den sozialen Medien. Zusammen mit der Allianz hatte man für die hauseigene Jugendturnierserie “Lucky 33″ ein Facebook-Konzept entwickelt – dieses soll angepasst auch für den Solheim Cup zum Einsatz kommen.

Das Facebook & Co doch eher eine kleine Gruppe der aktiven Golfspieler im DGV ansprechen, ist zwar angesichts der heutigen Zeit schwer zu glauben, aber dann aufgrund der Alterstruktur in den deutschen Golfclubs wohl doch nicht so verwunderlich. Ob dieses auch Schulz-Hanßen bewusst ist, weiß ich nicht.

Natürlich sollen zusätzlich in den Clubs der Republik bei Turnieren VIP-Packages für analoge Golfspieler ausgelobt werden – doch ich bezweifle, dass das ausreicht, um eine nationale Begeisterung zu entfachen oder um zumindest ein Bewusstsein für den Solheim Cup zu entwickeln.

Mir gefiel der Ansatz der DGS besser, flächendeckend die Clubgolfer auf den Solheim Cup einzustimmen und das Turnier in Deutschland bekannter zu machen. So sah das Konzept unter anderem vor, den DGV-Ausweis im Solheim-Cup-Branding zu verschicken. Alle dem Verband zugehörigen Kanäle wie golf.de und mygolf.de sollten rechtzeitig bespielt werden. Auch hier waren Turnierserien in ganz Deutschland angedacht.

Rückblickend betrachtet bin ich enttäuscht vom Verhalten des DGV. Ich hatte als Außenstehender nie das Gefühl, dass vom Verband tatsachlich eine große Unterstützung da war. Es ist mir ein Rätsel, warum von vornherein die Finanzierung eines sportpolitisch so wichtigen Events von Sponsoren abhängig gemacht wurde.

Mit Freude hätte ich pro Jahr 5 Euro mehr mit meinen Beiträgen überwiesen, um den Solheim Cup mit größtmöglichem Einfluss des DGV in Deutschland auszurichten. Bei über 600.000 Mitgliedern hätte das Geld bestimmt dicke gereicht. Ich gebe zu, dass ich mich in den Verbandsstatuten nicht besonders gut auskenne, aber wäre es tatsächlich nicht möglich gewesen, diesen finanziellen “Kraftakt” den deutschen Clubgolfern aufzuerlegen?

Letztendlich ist der Solheim Cup nach Deutschland gekommen. Das ist wunderbar. Wie das gelingen konnte, ist nun für viele zweitrangig. Es gilt: Wer zahlt, schafft an. Man muss dem Golfclub St. Leon-Rot gratulieren und nur das Beste wünschen. Und natürlich seinen Möglichkeiten entsprechend mit dazu beitragen, dass das Turnier ein Erfolg wird.

Trotzdem: Kritik muss weiterhin erlaubt sein.

3 thoughts on “Solheim Cup: “Wer zahlt, schafft an!””

  1. Interessanter Artikel!

    Auf mich wirkt er jedoch ebenfalls ein wenig tendenziös. Zwei Beispiele zur Veranschaulichung:

    (1) Was genau meinst Du mit “Unter anderem, ob in St. Leon-Rot nur halbherzig bei der Sponsorensuche geholfen wurde und man eigentlich ein größeres Interesse am Scheitern der ursprünglichen Bewerbung hatte, um dann den Cup selbst auszurichten.”?

    Ich halte es für selbstverständlich, dass der GC St. Leon-Rot bei der Sponsorensuche für ein Turnier auf einem fremden Platz deutlich zurückhaltender ist, als wenn es um seine eigenen Angelegenheiten geht. Mit den genannten Beispielen Allianz und SAP geht es wohl immerhin um zwei wesentliche Geldgeber des GC St. Leon-Rot, deren sicherlich begrenztes Budget man nur ungern teilen wird. Gleichzeitig ist es doch ebenfalls nachvollziehbar, wenn die SAP und die Allianz wegen räumlicher Nähe (SAP) bzw. dem bestehenden Engagement (Allianz “Arena” in St. Leon Rot) ein Turnier dort unterstützen, auf Gut Kaden jedoch nicht.

    Daraus die Frage ableiten zu wollen, ob der GC St. Leon-Rot an einem Scheitern interessiert gewesen sein könnte, halte ich für überzogen.

    (2) Umgekehrt wirkt ein Satz wie “Zwei mündliche Sponsorenzusagen für den Solheim Cup werden überraschend zurückgezogen.” auf mich seltsam.

    Die Sponsoren waren bis kurz vor Ende der ET-Frist nicht dazu zu bewegen gewesen, ihr Engagement schriftlich zu fixieren? Ist es dann wirklich so sehr überraschend, dass sie letztendlich kneifen?

    Die Informationslage reicht meines Erachtens für Interpretation und Spekulation von

    (1) Schulz-Hanßen und der Rest der Bande sind Helden, weil sie in einer kritischen Situation beherzt und unbürokratisch dafür eingetreten sind, dass ein tolles Golfereignis trotzdem noch nach Deutschland kommen wird.

    bis hin zu

    (2) Hier liegt eine Verschwörung gegen Gut Kaden vor.

    Daher denke ich, auch Du musst Dir die Anmerkung gefallen lassen, dass Du durch die Überschrift, die Darstellung der Fakten und die daraus abgeleiteten Fragen, der Geschichte eine gewisse Färbung gegeben hast. Das ist selbstverständlich Dein gutes Recht, insbesondere dann, wenn Du neben den geschilderten Fakten weitere “Verdachtsmomente” hast.

    Sehr interessieren würde mich übrigens die Rolle der DGS. Wie konnte es dazu kommen, dass die DGS als Vermittler auftritt und sich im Gegenzug nicht einen Teil des Kuchens sichert? Hier fehlt mir noch ein Puzzleteilchen.

  2. Mal davon abgesehen ob Verschwörung oder nicht, Kaden oder Rot – so hat es doch der DGV mit angeschlossenen Tochterfirmen zum zweiten mal geschafft – eine Bewerbung für so ein großes Event – total zu verkacken und das auf ganzer Linie.
    Wann merken die denn eigentlich, das die das nicht können und überlassen das jemanden der Ahnung hat?

    bis denne
    rebel

  3. Ich hatte noch nicht die Ehre in Gut Kaden zu spielen, aber ich fürchte, bei allem Respekt: Dieses außerordentliche Klima eines Golfcampus, das St. Leon-Rot vermittelt, dürfte schwer zu toppen sein. Golf als Leistungssport habe ich nirgendwo so intensiv erlebt wie dort. St. Leon ist nun mal die Kaderschmiede unserer Profis und wenn Papa Hopps Mitarbeiter bei Events cleverer als andere agieren: So what?
    Nach der peinlichen Ryder Cup-Strategie denke ich, dass St-Leon die Angelegenheit professioneller stemmen wird, was sich schon darin zeigt, dass sie auf Sky pfeifen und ihre eigene Übertragung planen. Ansonsten sitzt PING in Schwetzingen, was nebensächlich sein mag, aber die Dienstwege verkürzt und die Veranstaltung würde in in Deutschlands Mitte stattfinden, was mehr zieht, als der hohe Norden.
    PS: Dass es für die DGS eine anspruchsvolle Aufgabe wäre in Konkurrenz zur Langer Sport Marketing zu treten, dürfte eigentlich nur Erwin Langer so sehen, und was die Finanzierung von Großveranstaltungen durch den DGV angeht: Keine Sorge – alles, was echtes Geld kostet, wird seit Jahren vom VcG, dem schwachsinnigen Mündel des DGV, finanziert.

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