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Der analoge Kaymer

Keine Homepage, kein Twitter, kein Facebook – Martin Kaymer ist online nicht präsent. Abgesehen von einigen Fake-Profilen finden sich keine Spuren des derzeit besten Golfers der Welt in den virtuellen Weiten des Internets. Ein Dialog mit seinen Fans findet nicht statt. Und selbst auf der Webseite seines Managements werden nur veraltete Nachrichten serviert. Professionell ist das nicht, eher provinziell. Doch warum erfüllt Kaymer nicht einmal die Mindestanforderungen an einen Weltklasseathleten im digitalen Zeitalter?

Unter anderem ist wohl das liebe Geld Schuld an der Internetabstinenz. Auch wenn es angesichts der bisherigen Preisgelder und lukrativen Sponsorendeals schwer zu glauben ist: Kaymer ist sparsam. So wurde er erzogen und so lebt er auch. Eine eigene Homepage, die einer Nummer 1 würdig ist, ist nicht billig. Ein Webmaster müsste angestellt werden. Vielleicht sogar ein Redakteur. Doch wofür, denkt man sich wahrscheinlich im Hause Kaymer. Reine Geldverschwendung. Für das, was der 25-Jährige zu sagen hat, lohnt sich der Aufwand schließlich nicht. Und genau da liegt der Hund begraben. 

Für Kaymer ist Dienst Dienst und Schnaps Schnaps. Sein Privatleben geht niemanden etwas an und beim Golfen möchte er nicht gestört werden. Dementsprechend beschränkt sich Kaymers Mitteilungsbedürfnis auf die kurzen Interviews während der Turniere.

Schon früh wurde der Mettmanner von seinem Umfeld vom Rest der (Medien)Welt abgeschirmt. Der Junge sollte sich aufs Golf konzentrieren und nicht irgendwelche Flausen in den Kopf gesetzt bekommen. Die Taktik ging auf. Kaymer ist derzeit  die Nummer 1 der Welt, doch mit dieser herausragenden Position steht er jetzt im Zentrum des öffentlichen Interesses – und das lässt sich eigentlich nicht mehr ausblenden. Er tut es aber.

Während andere Golfstars wie Rory McIlroy, Lee Westwood und Tiger Woods fleißig twittern und ihre Fans mit Futter versorgen, schweigt Kaymer. Es gibt keine Einblicke in sein Tourleben, keine aktuellen Nachrichten von ihm oder Kommentare zu seinen Runden. Er spielt einfach nur Golf. Das muss denen da draußen reichen.

Dabei verpasst er eine gewaltige Chance. Kaymers Image ist, dass er derzeit eigentlich keines hat. Er gibt nichts von sich preis, hat keine Ecken und keine Kanten. Er ist fast langweilig. Für seine Sponsoren wie BMW oder Rolex ist das Bild von Schwiegermutters Liebling natürlich perfekt. Auf Dauer jedoch wirkt es einschläfernd. Damit wird Golf nicht zum Volkssport in Deutschland.

Ein wenig Twittern könnte schon helfen. PGA-Kollege Stewart Cink hat es vorgemacht. Den hielt man auch lange Zeit für nicht besonders aufregend. Das hat sich geändert. Inzwischen beweist der Mann regelmäßig Humor in 140 Zeichen – und antwortet genauso wie zum Beispiel Trevor Immelman oder Ian Poulter auf Fan-Tweets.

Natürlich könnte man annehmen, dass Kaymer tatsächlich langweilig ist, weniger Witz als ein Damenstrumpf hat und einfach nur ein tumber Athlet aus Mettmann ist. Das Gegenteil ist der Fall. Und genau deshalb schmerzt diese totale Kommunikationssperre mit dem Fußvolk.

Kaymer kann von ein wenig mehr Online-Aktivität nur profitieren. Um seine Privatsphäre muss er sich keine Sorgen machen. Er selbst entscheidet, wie viel er von seinem Leben öffentlich machen will. Ein wenig mehr virtuelle Fannähe wäre für beiden Seiten wünschenswert. Kundenbindung nennt man so etwas im Wirtschaftswesen.

Und eine eigene Homepage ist nun wirklich Standard. Das muss ihm doch mal einer sagen, oder?

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Malaysian Open: 17-Jähriger gewinnt das Turnier

Kommenden Dienstag wird er 18 Jahre alt. Das schönste Geburtstagsgeschenk hat sich Matteo Manassero allerdings schon am heutigen Sonntag gemacht. Der Italiener, der passender Weise von Kinderschokolade gesponsert wird, konnte dank einer 67 und 68 in Runde 3 und 4 mit insgesamt 16 unter Par die Maybank Malaysian Open für sich entscheiden. 288.465 Euro werden ihm auf sein Bankkonto hierfür überwiesen. Definitv genug, um den Führerschein zu machen. Ein Auto hat er wahrscheinlich schon in der Garage stehen. Bereits in 2010 gelang ihm der Sieg bei einem Turnier der European Tour.

Rory McIlroy landete auf dem 3. Rang, Martin Kaymer auf dem geteilten 9. Platz und Masters-Sieger Charl Schwartzel freut sich über den geteilten 11. Platz. Insgesamt ordentliche Ergebnisse nach dem Aufenthalt in Augusta. Bitter nur, das McIlroy erneut ein Turnier nicht für sich entscheiden konnte, obwohl er lange Zeit in Führung lag.

Das Turnier litt unter zahlreichen Unterbrechungen. Rory McIlroy hatte damit kein Problem. Der Nordire vergnügte sich während der Wartezeit einfach auf der Bowlingbahn im Clubhaus. Nicht zu vergessen, dass der junge Mann den wohl längsten Drive seiner Karriere (400 Yards plus) schlug als er mit dem Abschlag den Golfcart-Weg traf. Ein Birdie war die Folge.

Hier geht es zum Leaderboard.

Hier kann man die Highlights von Runde 4 sehen.

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Malaysian Open: Das Masters vergessen

Bei den Maybank Malaysian Open (2.5 Millionen US-Dollar Preisgeld) treffen in dieser Woche drei Spieler aufeinander, die direkt nach dem Masters einiges aufzuarbeiten haben. Rory McIlroy muss seine furchtbare Finalrunde von Augusta vergessen. Charl Schwartzel muss aus dem Freudentaumel eines Masters-Champion erwachen. Und Martin Kaymer muss zeigen, warum er zu Recht die Nummer 1 der Weltrangliste ist und der verpasste Cut in der vergangenen Woche nur ein Ausrutscher war.

Rory McIlroy, der über Twitter derzeit reichlich gute Laune verbreitet, und Martin Kaymer spielen an den ersten beiden Turniertagen in Kuala Lumpur zusammen mit dem Thailänder Thonchai Jaidee. Schwartzel geht mit seinem südafrikanischen Landsmann und amtierenden Open-Champion Louis Oosthuizen sowie dem Sieger der letztjährigen Malaysian Open, Seung-yul Noh, an den Abschlag.

PS: Wer sich übrigens fragt, warum Kaymer, McIlroy und ein paar andere Topspieler den langen Weg für das Turnier bewältigt haben … es gab wohl stattliche Antrittsgelder, die es locker mit dem Preisgeld für den ersten Platz (288.465 Euro) aufnehmen können.

Hier geht es zur offziellen Turnier-Webseite.

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In Treatment: Martin Kaymer

Hinterher ist man immer klüger, aber eigentlich hörte man schon im Vorfeld des Masters die Alarmglocken schrillen. Warum er an seinem Schwung herumgeschraubt hätte, wurde der Noch-Weltranglistenerste vor dem Beginn des Major-Turniers in der offiziellen Pressekonferenz gefragt. Er habe bislang dreimal den Cut nicht geschafft, sagte Kaymer. Irgendwas müsse man ja ändern. Nach der katastrophalen ersten Runde mit 6 über Par wurde er noch deutlicher. Er sei mit seinem Latein am Ende, gab Kaymer im Sky-Interview zu verstehen. Vielleicht könne ihm Bernhard Langer noch einen entscheidenen Tipp geben wie man diesen Platz spielt. Mit einem Lächeln versuchte der Mettmanner dann, seine komplette Ratlosigkeit in Sachen Masters zu überspielen. Vergeblich.

Nach der zweiten Runde (Even Par) ist nun der Cut zum vierten Mal in Folge nicht geschafft. Und schuld ist eindeutig nicht Kaymers Technik. Vielmehr scheint das Scheitern in diesem Jahr ein mentales Problem zu sein. Der Druck, der auf einer Nummer der 1 der Welt lastet, ist damit allerdings nicht gemeint. Kaymer hat Angst vor Augusta National und diese lähmt sein Spiel. So lautet zumindest die Ferndiagnose. Drives, Putts, Eisen ins Grün – dem 26-Jährigen gelang nur selten etwas an den vergangenen zwei Tagen. Andere Profis mit weniger Talent hatten da weniger Schwierigkeiten.

Wenn Kaymer im kommenden Jahr auch am Wochenende in Augusta aufteen möchte, gibt es meiner Meinung nach nur eine Lösung: Er muss den Respekt vor dem Platz und dessen Tücken ablegen. Wenn er schlau ist, dann kehrt in diesem Jahr nicht nur einmal auf den Masters-Kurs zurück. So oft es geht, sollte er in den Privatjet steigen, nach Georgia fliegen und hier spielen. Egal ob mit Freunden, alleine oder den mit Sicherheit hoch erfreuten Clubmitgliedern des Augusta National. Eine Runde auf diesem Golfplatz muss zur Routine und zu einer angenehmen Beschäftigung werden. Nur so verlieren die 18 Löcher ihren Schrecken. Und nur so kann Kaymer mit der nötigen Ruhe und Gelassenheit im kommenden Jahr wieder beim Masters antreten – und mit Sicherheit den Cut schaffen.

Just my two cents.

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Sky has a Limit

An die von Carlo Knauss mit gedämpfter Stimme verbreitete Totengräberstimmung bei den Golfübertragungen des Pay-TV-Anbieters Sky hatte ich mich ja schon irgendwie gewöhnt. Auch an die erschreckend überflüssigen Interviews des Schürzenjägers Irek Myskow. Die beiden selbstgefälligen Golfpfauen haben nun mal den Unterhaltungswert einer Schweigeminute. Da kann man anscheinend nichts machen – außer vielleicht auf den Originalton zu wechseln. Nichtsdestotrotz hat es der Sender gestern doch tatsächlich geschafft, meinen Spaß an der TV-Übertragung des Masters noch weiter zu reduzieren.

Gefühlt alle fünf Minuten wurde bis zum Ende der Übertragung (1.30 Uhr) ein kleiner Hinweis im linken unteren Eck eingeblendet. “M. Kaymer +6, Leader -7″ stand da und führte einem das Disaster des ersten Turniertages regelmäßig vor Augen. Präsentiert wurde diese Information von Rolex. Letzteres und nicht der Nachrichtenwert war wohl auch der Hauptgrund, warum dieses Ergebnis immer und immer wieder auf dem Bildschirm auftauchte. Es handelte sich wohl um eine Sonderwerbeform, die entweder dem Turnierausrichter (Rolex ist nicht nur Kaymers Sponsor, sondern auch beim Masters aktiv) oder der Sky-Anzeigenabteilung geschuldet war.

Nachtrag: Nach dem zweiten Masters-Tag bin ich mir sicher, dass das ein Anzeigendeal von Sky ist.

These shoes are made for golfing

Meine Golfschuhe gehören eigentlich auf den Müll. Manch ein Flightpartner hat angesichts dieser ausgelatschten und eingerissenen Teile die Nase gerümpft. Die Sohlen lösen sich allmählich vom Rest der Schuhe ab. Wasserdicht sind diese schon lange nicht mehr, dafür aber gut belüftet. Trotzdem kann ich die Latschen in Größe 45 niemals zu meinen Lebzeiten wegwerfen. Und Schuld daran ist der derzeit beste Golfer der Welt.

Im August 2006 fuhr ich als Autor für das Golfmagazin PLOCK! nach Odense (ein PDF des Artikels gibt es hier zum Download), Dänemark. Ich sollte dort ein Portrait über einen jungen deutschen Nachwuchsgolfer schreiben. Der Kerl hatte jüngst eine 59er-Runde gespielt, den ersten Platz bei einem Challenge-Tour-Event in Düsseldorf gemacht und war gerade frisch bei der drittklassigen EPD-Tour eingestiegen. Im Hamburger Golfclub Am Hockenberg hatte ich ihn kurze Zeit nach seinem Turniererfolg für ein schnelles Interview getroffen, einen Tag später spielte er dort einen neuen Platzrekord. Der schüchterne Lulatsch hieß Martin Kaymer.

Dank eines kleinen Gemauschels mit dem Turniersponsor ECCO hatte man meine golferische Nichtigkeit dem jungen Herrn Kaymer zusammen mit zwei Dänen als Partner für das Pro-Am in Odense zugeteilt. Ich war ziemlich aufgeregt, denn mein Spiel war zu diesem Zeitpunkt auf dem absoluten Tiefpunkt. Der Slice war mein bester Freund. Doch schon nach drei Löchern merkte ich, dass ich mir keine Sorgen machen musste. Kaymer spielte wie von einem anderen Stern. Ultralange Drives, zielsichere Eisen, ein kurzes Spiel wie aus dem Bilderbuch und das Putten schien auch kein Problem. Dazu war der Junge aus Mettmann komplett tiefenentspannt und ertrug mein Gehacke nicht nur mit stoischer Ruhe, sondern auch mit Humor.

Nicht nur ich war begeistert von Kaymer. Zwei britischen Challenge-Tour-Pros, die eigentlich nur den Platz begehen wollten, fielen angesichts des Traumschwungs des ihnen völlig unbekannten Deutschen die Kinnladen auf den Abschlag. Drei Löcher folgten sie uns staunend. Dann blieben sie ratlos irgendwo auf dem Fairway stehen. Wahrscheinlich überlegten sie, ihren Beruf an den Nagel zu hängen.

Nur ein einziges Mal spielte Kaymer Murks. Am schwierigsten Loch, einem relativ langen Par-5, fabrizierte er ausnahmsweise kein Par oder Birdie. Die anderen beiden Mitstreiter patzten auch. Dafür schlug meine Sternstunde. Die einzige an diesem Tag. Mit fünf Schlägen lochte ich ein. Die dafüf eingesackten Stableford-Punkte lagen gefühlt im zweistelligen Bereich.

Letztendlich gewannen wir das Turnier überlegen. Kaymer freute sich wie ein Schneekönig. Es war der allererste Pro-Am-Sieg seiner Karriere. Als letztes hatte er eines in Polen gespielt und da waren ihm leider nur die vielen schönen Mädels in positiver Erinnerung geblieben.

Kaymer war an diesem Nachmittag ein extrem angenehmer Zeitgenosse. Er erzählte offen von den Problemen als frischgebackener Profi. Die viele Schmutzwäsche, die sonst immer von Mutter vernichtet wurde, nervte ihn gewaltig. Genauso wie die einsamen Stunden im Hotelzimmer irgendwo in der europäischen Fremde. Und die Mietwagen gingen ihm ebenfalls auf den Geist. Das Navigationsgerät hatte ihn doch gestern tatsächlich nicht nach Dänemark, sondern nach Schweden geführt. Zum Glück fand Kaymer noch auf den richtigen Weg zurück.

Ich würde gerne schreiben, dass wir an diesem Tag Freunde geworden sind. Sind wir leider nicht. Dafür durfte ich einen Profigolfer kennenlernen, der schon damals aus der Masse der Talente wie ein Leuchtturm hervorstach: Mit seiner Bodenständigkeit, einem gesunden Ehrgeiz, einer unglaublichen Selbstdisziplin und seiner erfrischenden Unbedarftheit der Presse gegenüber, die er spätestens nach einem nicht ganz so schmeichelhaften Artikel im DER SPIEGEL zu Recht abgelegt hat.

Was das alles mit meinen zerlumpten Schuhen zu tun hat? Nun ja, die Teile gab es zusammen mit anderem Klimbim (Wein, Schlägerfittings etc.) als Preis für den Sieg beim Pro-Am, das ich zusammen mit dem derzeit besten Golfer der Welt gewonnen habe. Braucht es mehr als diesen Grund, um dieses Paar Schuhe selbst dann stolz zu tragen, wenn nur noch die Schnürsenkel es an meinen Füßen hält? Ich denke nicht.