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Arizona Sedona

Ein Dank an die Elite!

Was war der Aufschrei groß, als im Vorfeld der deutschen Ryder-Cup-Bewerbung der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière Golf als Randsportart bezeichnete. Zumindest die honorigen Randsportler regten sich auf. Wahrscheinlich hauptsächlich wegen des Wortes “Rand”, das so unglaublich unwichtig und irgendwie abseits der Gesellschaft klingt. Und da sehen sich die Golf spielenden Randsportler nun überhaupt nicht. Viel eher stehe man über der Gesellschaft, hört man noch vielerorts auf den Clubterrassen.

Jahrzehntelang war in Deutschland Golf ein Zeitvertreib der Vermögenden. Geld musste man haben, um die Schläger schwingen zu können. Die Aufnahmegebühren der Clubs waren astronomisch hoch und die Ausrüstung schweineteuer. Aber das war in Ordnung. Man sah sich gerne als Elite und blieb lieber unter sich.

In den vergangenen zehn Jahren hat sich einiges geändert. Allerdings mehr aus der Not heraus. Der Golfsport litt aufgrund seiner Klientel und des rigiden Clubsystems unter einem Imageproblem. Der Nachwuchs blieb aus, die Mitgliederdecke schrumpfte in vielen Clubs, finanzielle Schieflagen waren mancherorts die Folge. Und so erfand der Deutsche Golf Verband etwas lieblos die Vereinigung clubfreier Golfer, senkten die Clubs ihre Beiträge und übten sich häufig zum ersten Mal in Marketing.

Nicht alle waren damit einverstanden.

Ich kann mich noch gut erinnern, dass als mein jetziger Heimatclub plötzlich für eine gewisse Zeit die Aufnahmegebühr strich und die Möglichkeit eines monatlichen Mitgliedsbeitrags einführte, manch ein Konkurrent aus dem Hamburger Umland unkte, das dieses ein Akt der Selbstzerstörung sei. Die negativen Folgen hielten sich rückwirkend betrachtet allerdings in Grenzen. Angeblich ist zwar Nippel-Sänger Mike Krüger deshalb bei uns ausgetreten, aber dafür haben wir jetzt 27 Löcher, jede Menge “junge” Mitglieder und noch immer keine Startzeiten.

Wenn man jedoch mal ehrlich ist, dann hat sich auch durch solche Aktionen nicht viel am Image des Golfsports geändert. Das hat in meinen Augen damit zu tun, dass man sich heute noch recht wohl in seiner elitären Haut fühlt. Wie groß der Schaden ist, den diese Einstellung über die Jahrzehnte dem deutschen Golfsport und der Golf spielenden Allgemeinheit zugefügt hat und noch immer zufügt, ist da wohl vielen überhaupt nicht bewusst.

Die Vorherrschaft der Eliten ist meiner Meinung verantwortlich für die horrenden Preise, die wir in Deutschland für Golfschläger und dem Rest vom Schützenfest bezahlen müssen. Die Reichen haben den Markt versaut. Früher konnten die Hersteller hierzulande jeden Preis von der solventen Kundschaft verlangen. Es wurde – ohne mit der Wimper zu zucken – bezahlt. Je teurer, umso besser und umso mehr Prestige im Clubleben.

Inzwischen sollte eigentlich auf dem recht überschaubaren deutschen Golfmarkt ein regelrechter Kampf um die wenigen Randsportgolfer herrschen. Stattdessen fordern Titleist, Taylormade, Ping und Co. weiterhin ungehemmt ihre überzogenen Preise ein. Der Deutsche ist halt nichts anderes gewohnt und greift tief in die Brieftasche. Wer einmal in den USA zum Schläger-Shoppen war,  der  merkt schnell, dass man hierzulande ordentlich über den Tisch gezogen wird. Und das liegt nicht nur am günstigen Dollar-Kurs.

Auch in sportlicher Sicht hat die elitäre Klientel dem deutschen Golf geschadet. So gestaltete sich die Nachwuchsarbeit früher schwierig,  da natürlich für gefühlte Ewigkeiten größtenteils nur die Enkel reicher Omas in den Clubs mitspielen durften. Zwar gibt man sich heutzutage offener, lädt Schulklassen zu Schnupperstunden ein und setzt auf moderne Jugendarbeit, doch sobald die Jugendlichen in der Mannschafts-Maschine sind, beginnt vielerorts die Verhätschelung, das Schulterklopfen und manchmal die Umerziehung zum elitären Schnösel. Glücklicherweise werden nicht alle jungen Talente Opfer dieser Körperfresser, aber “man muss schon ganz schön aufpassen, wer da was meinem Jungen eintrichtert”. Das erzählte mir zumindest jüngst ein guter Bekannter, dessen minderjähriger Sohn als großes Talent von Edelclubs umgarnt wird.

Unser derzeit bester Golfer, Martin Kaymer, ließ sich neulich in Köln zu dem wunderschönen Statement hinreißen, dass die deutschen Nachwuchsprofis einfach “zu faul” seien. “Die Jungs müssen auf die Europa-Tour, um sich mit den anderen zu messen. Aber in Deutschland wird man viel zu schnell gelobt, wenn man mal was geschafft hat”, sagte der Nestbeschmutzer.

Recht hat er, der Kaymer. Die deutschen Jungprofis sind zu satt. Ihnen fehlt das berühmte Auge des Tigers, dass Apollo Creed einst von Rocky Balboa in “Rocky III” einforderte. Der Nachwuchs lernt nicht für den Erfolg zu arbeiten, denn ihnen wird schon in frühen Jahren ordentlich Puderzucker in den Hintern geblasen. Eine Erkenntnis, die auch “Team Germany”-Trainer Martin Hasenbein schon vor Jahren in dem Magazin PLOCK! zum Besten gab. Man muss nur mal das Abschneiden der deutschen Pros in den vergangenen Jahren auf der EPD- oder Challenge-Tour betrachten, um festzustellen, dass wir im internationalen Vergleich golferisch Nachholbedarf haben.

Bitte nicht falsch verstehen: Elitäre Clubs haben natürlich eine Daseinsberechtigung. Sei es nun in Deutschland, Barbados oder in den USA. Reiche brauchen ein Refugium, einen Rückzugsort, der frei vom Pöbel ist. Es sei ihnen gegönnt, sie haben es sich verdient. Schädlich war es allerdings, dass der Großteil der deutschen Golflandschaft lange Jahre aus ebensolchen Clubs bestand – und die Kultur der vermeintlichen Eliten sich weiterhin dort austobt.  Es scheint sich nichts zu ändern. Stattdessen wird der Nachwuchs von ihnen Borg-mäßig assimiliert, die Hersteller bitten uns unverschämt zur Kasse  und unser Randsport bleibt weiterhin ein selbstverschuldeter Randsport. Danke, ihr Eliten!

Ich würde mir eine friedliche Revolution wünschen. Eine Übernahme der Landesverbände und Clubvorstände durch uns, die neue Generation der Golfer, die wegen des Sports und nicht wegen der guten Gesellschaft in die Clubs gegangen sind. Ein Aufbegehren der Geister, die man in den vergangenen Jahren rief. Doch leider sind wir  in der Minderheit. Wir gewinnen keine Wahlen auf den Mitgliederversammlungen. Wir sind eine Randgruppe in der Randgruppe. Noch.