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Der frühe Vogel führt keine Gespräche

Generalverdächtige Greenfee-Spieler

Der frühe Vogel führt keine Gespräche

Den Freitag vor Pfingsten hatte ich frei. Nach einem kurzen Streitgespräch mit meiner Frau nutzte ich deshalb den Vormittag, um mal zu einer normalsterblichen Zeit auf dem Platz zu erscheinen. Leider hatte ich völlig vergessen, dass zu normalsterblichen Zeiten natürlich jede Menge Normalsterbliche beziehungsweise Innaherzukunftsterbende unterwegs sind. Sprich: die Rentnergangs bevölkerten die Bahnen.

Das ist im Prinzip nicht schlimm. Meist nehmen die älteren Herrschaften mich (sofern Platz vorhanden) nach ein paar Löchern Verfolgungsgolfen in ihre Gruppe auf. Das kann manchmal sehr nett und kuschelig sein. Am Freitag vor Pfingsten war es das nicht, schuld waren wie immer die verdammten Greenfee-Spieler. Und das kam so:

An unserer wunderschönen Bahn A7 hatte ich drei ältere Herren (einer im Golfcart unterwegs) relativ lange dabei beobachtet wie sie etwas verloren auf dem Fairway standen. Sie schienen auf irgendwas zu warten, beschlossen aber letztendlich, das Grün des Par-5 nicht mit dem zweiten Schlag anzugreifen und legten irgendwann flach vor.  Nachdem sie ihren Bällen hinterher getrottet waren, schlug ich meinen Drive des Tages. Der kleine Precept Laddie kam 20 Meter hinter den Senioren zum Stillstand.

Langsam schlurfte ich nun in Richtung der Landezone und als ich nach gefühlten dreizehn Stunden bei meinem Ball ankam, stellten die netten Herren überrascht fest, dass nicht nur vor ihnen gespielt wird.  Nach einer kurzen Kreativpause bot mir der Alpha-Opa das Mitspielen an. Ich fühlte mich geehrt und sagte brav “Danke”.

Leider folgte im Anschluss einer der drei klassischen Dialoge (der Vollständigkeit halber finden sich die beiden anderen am Ende des Textes wieder), die ich immer wieder mit den Senioren in meinem Club führen muss.

Alpha-Opa (zeigt auf den Viererflight auf dem Grün): “Das ist wirklich eine Frechheit hier. Die sind so langsam.”
Ich (mitfühlend): “Ja, das Problem kenne ich.”
Alpha-Opa: “Das sind doch bestimmt wieder Greenfee-Spieler. (kurze Pause, abschätzender Blick) Sind Sie Greenfee-Spieler?”
Ich: “Äh, nein. Ich bin Mitglied.”
Alpha-Opa: “Ja, das ist gut. Bei über tausend Mitgliedern verliert man schon den Überblick. Diese Greenfee-Spieler sind wirklich schlimm.”
Senior im Golfkart: “Ich ruf mal Fore, die sollen sich beeilen.”

Das Thema “Greenfee-Spieler des Bösen” wurde dann in verschiedenen Variationen auf den weiteren Löchern wiederholt. An Loch 9 sagte ich freundlich “Auf Wiedersehen”. Der Respekt vor dem Alter verhinderte an diesem Tag, dass ich Alpha-Opa samt Bande die Meinung sagte.

Mir geht dieses ewige Geschimpfe über die bösen Greenfee-Spieler (und natürlich die VCG-Schmarotzer), die keine Pitchmarken wegmachen, langsam spielen, die Regeln nicht kennen und niemanden grüßen, extrem auf den Geist. Nicht weil das Gequatsche nervt, sondern weil es nach meiner Erfahrung einfach falsch ist.

Liebe Clubmitglieder, es sind nicht die Greenfee-Spieler, die euren Platz und die Etikette nicht achten. Nein, ihr seid es selbst.

Wenn ich Greenfee-Spieler beobachte, die zu Besuch bei uns sind, dann fällt mir meist auf wie überkorrekt und höflich sie sind. Sie benehmen sich wie es sich für Gäste gehört: anständig. So wie ich es mache, wenn ich in einem anderen Club spiele. Natürlich gibt es auch bei den Greenfee-Zahlern Ausnahmen, aber die bestätigen die Regel.

Vielmehr ist es doch so, dass sich meist Mitglieder häufig aufführen wie die Vandalen. Sie rufen nicht “Fore” (es sei denn, wenn sie lahme Greenfee-Spieler vom Grün scheuchen wollen), schimpfen über die Platzqualität, besitzen aber ihre Pitchmarkengabel nur als Andenken, kreuzen vogelwild die Bahnen, lassen nicht durchspielen, spielen extrem langsam und lieben ihre Ballangel sowie die Suche im Aus. Natürlich dürfen sie das alles, denn es ist ihr Club. Und genau da liegt der Denkfehler.

PS: Zwei weitere Dialoge, die ich mit leichten Abwandlungen immer mit älteren Mitspielern führe (mein Freitags-Flight hat es geschafft, alle drei Konversationen innerhalb von drei Bahnen abzuhaken)

Klassiker 1

Senior: “Sie sind Mitglied?”
Ich: “Ja.”
Senior: “Aber Sie sind neu hier?”
Ich: “Nein, ich bin seit sechs Jahren oder so hier.”
Senior: “Komisch.”
Ich: “Wieso?”
Senior: “Weil ich Sie hier noch nie gesehen habe!”
Ich: “Das könnte daran liegen, dass ich arbeiten muss wenn Sie auf dem Golfplatz sind.”
Senior: “Hmm. Vielleicht.”

 Klassiker 2

Ich schlage einen guten Schlag mit ordentlicher Länge.
Senior 1: “Guter Schlag.”
Senior 2: “Der hatte Wumms.”
Ich: “Danke.”
Alpha-Opa: “Na ja, er ist ja auch viel jünger als wir.”
Senior 1: “Ja, stimmt.”
Senior 2 “Wenn wir in dem Alter angefangen hätten…”
Senior 1: “Als ich mit Golf angefangen hab, da war das noch ein sehr elitärer Sport.”
Senior 2: “Ich hab erst mit 60 angefangen.”

 Das Gespräch setzt sich fort, ich gehe derweil zu meinem Ball.

trump13

Die unerträgliche Langsamkeit des Seins

PRO-TIPP: Für die nächste Golfrunde am Vormittag ein gutes Buch mitnehmen.

Gestern hätte ich ein wenig Lesestoff gebrauchen können. Nicht nur, um mir unterwegs die langen Wartezeiten zu verkürzen, sondern auch, um mein Gemüt ein wenig zu beruhigen. Selten habe ich mich während einer 18-Loch-Partie so geärgert wie an diesem Nachmittag. Und das hatte ausnahmsweise nichts mit meinem Spiel zu tun.

Normalerweise mag ich Senioren. Ich spiele sogar sehr gerne mit ihnen zusammen. Sei es im Turnier oder spontan auf einer Privatrunde. Erst am Sonntag adoptierte mich ein sehr nettes und urmelaltes Pärchen in ihren Flight. Ein wenig Klönschnack und viele schöne Schläge waren die Folge. Danke fürs Mitnehmen.

Diese soziale Kompetenz hätte ich mir gestern auch von dem betagten Paar gewünscht, das vor mir behäbig den Platz bespielte. Doch die beiden Senioren dachten überhaupt nicht daran, mich in ihre Gruppe einzuladen beziehungsweise zum Durchspielen aufzufordern. Stattdessen wurde ich Zeuge, wie man es eigentlich nicht auf der Runde mit dem zügigen Spiel handhaben sollte.

Trolleys wurden prinzipiell in einem Radius von 20 Meter um den Ball geparkt. Weiterhin schien der Herr mehr Ballangeln als Schläger im Gepäck zu haben. Sobald ein Wasserhindernis in Sicht war, stiefelte der Senior mit einem dieser Apparate dorthin, um ein paar Lakeballs zu sammeln. Seine Frau schaute ihm dabei gelassen zu. Als beide einmal bis zum Kopf in einem Wassergraben verschwanden, fürchtete ich schon, dass das Rote Kreuz zur Rettung kommen muss. Vielleicht wäre das Drama so zu einem versöhnlichen Ende gekommen.

Stattdessen beschloss der ältere Herr, mich einfach mal mit einem klassischen Slice aus Richtung Nachbarbahn zum Langsamspielen zu zwingen. Seine Partnerin hauchte dazu ein leises “Fore”, das tatsächlich später als der Ball bei mir ankam. Um eine Erklärung für das Missgeschick war der Scharfschütze nicht verlegen: “Der Wind ist heute ganz schön heftig.” Aha.

Nach neun Löchern beschlossen die beiden, dass es für heute genug sei. Ich machte drei Kreuze auf meiner Scorekarte und kam vom Regen in die Traufe.

Ein Vierer-Flight war kurz vor mir an der 10. Bahn gestartet. Zwei Herren, zwei Damen, alle hochprofessionell eingekleidet. Dass allerdings nur zwei Golfbags mitgeführt wurden, machte mich ein wenig stutzig. Tatsächlich spielten lediglich die beiden Kerle mit einem kompletten Eisensatz während eine der Damen sich anscheinend mit einem einzigen Schläger sowie bei Bedarf einem Putter zufrieden gab. Dafür bereitete sie sich vor jedem Schlag intensiv vor. Zwei volle Probeschwünge im Abstand von 15 Sekunden, dann wieder eine 20 Sekunden-Konzentrationsphase auf die  der Hack folgte und der Ball sich für 30 Meter in die Luft erhob. Abschließend wurde die Show mit einem weiteren Post-Probeschwung komplettiert. Kann man machen. Muss man nicht.

Interessant war das Verhalten der nicht im Spiel befindlichen Frau, die entweder fotografierte (Gruppenbild mit Dame an Loch 10, 15 & 18), telefonierte (und dabei lässig 30 Meter hinter dem Flight schlenderte) oder in irgendwelchen Büschen verschwand, um ausgiebig die Landschaft zu erkunden.

Die zwei Männer spielten zwar recht gekonnt, doch mit Regeln & Etikette hielten sie es nicht so genau. Die Beseitigung ihrer Pitchmarken überließen sie chronisch mir, Bälle im Aus galt es aus Prinzip zu suchen (oder es wurde auf dem zu den weißen Pfählen nächstmöglichen Fairway gedroppt) und auf dem Grün wurden nicht gelochte Putts schon mal so lange wiederholt bis diese endlich drin waren.

An dem 16. Loch war meine Course Rage so groß, dass ich fantasierte, die Kerle mit meinem Eisen 5 zu enthaupten. Komischerweise schlug ich daraufhin mit ebendiesem Eisen in Richtung Grün und verfehlte den davontrödelnden Flight um Haaresbreite. Die Kraft meiner schwarzen Gedanken.

An Loch 17 bot man mir plötzlich gestenreich das Durchspielen an. Darth Vaders berühmter Satz „Die Fähigkeit, einen ganzen Planeten zu vernichten, ist nichts gegen die Stärke, die die Macht verleiht“ ging mir kurz durch den Kopf, dann lehnte ich dankend und ebenso gestenvoll ab. Der Tross zuckelte nach 10 Minuten in Richtung letzter Bahn weiter, ich blieb und leistete mir drei Abschläge (rechts, links und Grünmitte) an dem kurzen Par-3. Danach übte ich dort fleißig das Putten. Als ich bei der 18. Bahn eintraf, hatte sich das Grüppchen gerade einmal vom Abschlag in Richtung Fairway aufgemacht.

Ich schlug mit meinem Driver ab, bevor der Flight außer Reichweite war. Mit einem gewaltigen “Fore” brüllte ich mir den Frust von der Seele. Die vier Todgeweihten zeigten keine Reaktion. Ein Fairwaybunker und der Wind retteten an diesem Tag Leben.