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Südstaaten-Golf: Knarre im Bag, Georgia on my Mind

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Der coolste Greenkeeper der Welt wohnt in Harlan, Kentucky.

Zehn Tage bin ich im März mit dem Auto durch die US-Bundesstaaten Georgia, Tennessee und Kentucky geeiert. 2000 Meilen habe ich dabei abgerissen, acht große und kleine Städte besucht und neun Geschichten für meinen Arbeitgeber recherchiert. Glücklicherweise habe ich auch ein wenig Golf gespielt – sozusagen als Freizeitausgleich. Hier nun ein paar Reisenotizen aus dem Land der unbegrenzten Golfmöglichkeiten.

    • Wenn ein Golfclub zwei Kurse hat, dann sollte man sich vor dem Abschlag am ersten Tee immer versichern, dass man auch auf dem richtigen Platz ist. Ich habe das bei meinem Besuch im Stone Mountain Park(Georgia) nämlich nicht getan. Dementsprechend stand ich plötzlich ziemlich dumm zwischen zwei Turnier-Flights gequetscht auf Bahn 1 des Lakemont Course herum. Die Reaktion der beiden Typen, die mir folgten, war ziemlich nett: Sie adoptierten mich in ihr Team. Ich dankte es ihnen mit einem 10-Meter-Eagle-Putt, einem schönen Birdie-Chip-in und fast (aber nur fast) einem Hole-In-One. Zum Glück hatte nicht nur ich einen guten Tag, sondern auch meine Gefährten – wir gewannen das Turnier mit einer 62-Scramble-Runde. Also eigentlich ist es doch ganz gut, mal auf dem falschen Platz zu starten.

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      So sehen Gewinner am Stone Mountain aus.
    • So nah und doch so fern: Augusta war mein erster Halt nach der Landung in Atlanta. Natürlich stand ich beim Augusta National Golf Club vor verschlossenen Türen. Dafür stattete ich jedoch den Public Courses Bartram Trail und Forest Hills einen Besuch ab. Lohnt sich. Auch wenn es kein grünes Jackett gibt. Meinen SPON-Artikel zum Augusta-Ausflug kann man hier lesen.
    • Wer seine Schläger in Deutschland kauft, ist selber schuld! Inzwischen bin ich schon Stammgast bei Dick’s Sporting Goods. Die Ladenkette ist eigentlich in allen semi-großen US-Städten zu finden und die Filialen sind mit riesigen Golfabteilungen ausgestattet. Ich legte mir in Atlanta am ersten Morgen ein Standbag von Slazenger, 30 Noodle-Bälle, einen Eisensatz Callaway Diablo Edge und einen Cleveland SL290-Driver zu. Kostenpunkt für das ganze Geraffel: etwas über 500 Dollar.
    • Nicht so unüblich: Südstaatengolfer tragen manchmal auch Schusswaffen im Golfbag. Wegen der Klapperschlangen und so.
    • Wer Kautabak auf der Runde angeboten bekommt, sollte dankend ablehnen.
    • Der coolste Greenkeeper aller Zeiten arbeitet im Harlan Country Club in Kentucky. Ich hab nur zehn Prozent seiner Wortbeiträge verstanden, aber er scheint ein sehr netter Kerl zu sein, der seinen Platz liebt.
    • Lexington in Kentucky ist für mich die windigste Stadt der Welt. Ehrlich. Die Runde im Kearney Hills Golf Club war recht verweht und verwegen. Zum Glück hatte mein Spielgefährte keine Knarre, sondern reichlich Kentucky-Bourbon im Gepäck.
no golf

Und auf einmal war alles andere nicht wichtig

Ende November gingen auf golfnerd.de die Lichter aus. Totentanz. Keine neue Postings, keine Besuche auf Facebook. Manchmal gab es einen Tweet. Ansonsten herrschte Funkstille. Warum?

Ganz einfach: Mein Leben und das meiner kleinen Familie erlebte nicht gerade eine glückliche Vor-Weihnachtszeit. Der übliche Stress in der Firma nahm plötzlich die Existenz bedrohende Formen an. Und dann wurde als Höhepunkt auch noch unser Auto gestohlen. Da waren wir allerdings schon so im Katastrophen-Modus, dass wir eigentlich nur noch drüber lachen konnten. Lustigerweise waren meinen Golfschlägern an Bord der Karre.

In Folgezeit kümmerte ich mich erst einmal darum, die Weichen für die kurzfristige Zukunft zu stellen. Unter anderem wechselte ich in meinem Golfclub von der aktiven in die passive Mitgliedschaft (die mir gnädigerweise erlaubt, ein paar Mal im Jahr gegen Greenfee auf unseren Platz zu dürfen). Golf stand ganz unten auf der Prioritätenliste.

Inzwischen hat sich einiges wieder in Wohlgefallen aufgelöst. Nur Golfschläger habe ich noch keine. Allerdings hoffe ich, dass sich das im März wieder ändert. Das Blog sollte vorher wieder in Wallung kommen.

An alle, die sich über mein Verschwinden gewundert haben, mir Mails geschrieben haben und sich auf Facebook nach mir erkundigt haben: Entschuldigung. Ich bin wieder da.

Solheim Cup: “Wer zahlt, schafft an!”

 

soldheim“Wer zahlt, schafft an”, schrieb ein golfnerd.de-Freund unter den von mir geposteten SPIEGEL-ONLINE-Artikel auf Facebook. In dem Text hatte ich versucht, zu erläutern, wie es dazu kam, dass der Solheim Cup 2015 nicht auf Gut Kaden, sondern – zur Überraschung vieler – im Golfclub St. Leon-Rot über die Grüns geht.

Lustigerweise fanden sich dann auch unter der SPON-Geschichte mit dem Titel “Freundliche Übernahme mit Geschmäckle” nette Kommentare im Leserforum, von denen ich hier gerne zwei zitieren möchte.

User Connor Larkin schrieb: “Man merkt dass der Spiegel aus Hamburg kommt. Die Geschichte sieht für mich ziemlich einfach aus: Gut Kaden hat es vergeigt Sponsoren zu finden. St.Leon-Rot hat eben Sponsoren gefunden und das was noch an Geld fehlt stellt Hopp zur Verfügung.”

Forumsmitglied dummgscheit verfasste folgende aufmunternde Zeilen: “Diese Geschichte haette in vielen Varianten erzaehlt werden koennen, die gewaehlte ist haarstraeubend und waere so nicht mal in Bild erschienen. … Allen unbeteiligten sei empfohlen sich zu informieren wo seid mehreren Jahren das Herz des deutschen Amateurgolfsports schlaegt. Ein Tipp: Es ist nich gut Kaden”

Na ja. Ganz so einfach ist es nicht.

Schauen wir uns doch mal eine Kurzform der bisherigen Ereignisse an.

  • Oktober 2010: Gut Kaden und die DGS bewerben sich bei der Ladies European Tour (LET) um die Ausrichtung des Solheim Cup 2015
  • Mai 2012: Die deutsche Bewerbung erhält den Zuschlag. Bis zum 15. September müssen Gut Kaden und DGS die Finanzierung des Events absichern – insgesamt wohl ein Euro-Betrag um die fünf bis sechs Millionen.
  • Sommer 2012: DGS und Gut Kaden bitten St. Leon-Rot, bei der Sponsorensuche zu helfen und die guten Kontakte von Dietmar Hopp nutzen zu dürfen. St. Leon-Rot fragt bei seinen Wirtschaftspartnern – darunter SAP und Allianz – nach. Diese sind laut St. Leon-Rot nicht interessiert.
  • September 2012: Zwei mündliche Sponsorenzusagen für den Solheim Cup werden überraschend zurückgezogen. Die Bewerbung droht zu scheitern. St. Leon-Rot-Geschäftsführer Schulz-Hanßen ist in seiner Funktion als Vize-Präsident des Deutschen Golf Verbands darüber informiert.
  • Ab 15. September 2012: Die Deadline der LET kann nicht gehalten werden. St. Leon-Rot bietet sich der DGS als Alternativaustragungsort an. Die DGS vermittelt zwischen LET und dem Golfclub bei Heidelberg. Die LET akzeptiert St. Leon-Rot als Ersatz-Venue für den Solheim Cup.
  • St. Leon-Rot entwickelt in kurzer Zeit ein neues Konzept für die Vermarktung. SAP und Allianz kommen als Hauptsponsoren an Bord, St.-Leon-Rot-Präsident Dietmar Hopp trägt das finanzielle Restrisiko.
  • St. Leon-Rot ist alleiniger Veranstalter des Solheim Cup 2015. Die DGS hat nichts mehr mit der Veranstaltung zu tun. Auch der DGV nicht, dieser soll allerdings in noch nicht definierter Art und Weise eingebunden werden (Am 15. November wird es meines Wissens nach ein Pressegespräch in St. Leon-Rot geben, an dem auch DGV-Präsident Nothelfer teilnimmt. Vielleicht ist man danach schlauer).

Soweit der Ablauf, den ich auch genauso in dem SPON-Text geschildert habe – zusätzlich unterfüttert mit autorisierten Zitaten von Schulz-Hanßen. Der Hergang wurde mir von mehreren Seiten bestätigt.

Die Sportredaktion von SPIEGEL ONLINE hat aus meiner  “Freundliche Übernahme” die Überschrift “Freundliche Übernahme mit Geschmäckle” gemacht. Warum? Weil man sich wahrscheinlich einfach aufgrund der Faktenlage ein paar Fragen stellen muss. Unter anderem, ob in St. Leon-Rot nur halbherzig bei der Sponsorensuche geholfen wurde und man eigentlich ein größeres Interesse am Scheitern der ursprünglichen Bewerbung hatte, um dann den Cup selbst auszurichten. Dass die Doppelrolle von Schulz-Hanßen als Geschäftsführer von St. Leon-Rot und als DGV-Vizepräsident – mit Einblicken in den Stand der Bewerbung – manch einem übel aufstößt, kann ich verstehen. Wurden also Club- vor Verbandsinteressen gestellt?

Auch kann man es befremdlich finden, dass sich die DGS zwei Jahre um den Zuschlag der LET bemüht, dann den Vermittler spielt – und letztendlich von einem DGV-Funktionär wieder ins hinterste Glied gestellt wird. Die verbandseigene Vermarktungstochter soll nun in Konkurrenz mit Langer Sport Marketing und der European Tour treten – und das ist, vorsichtig gesagt, eine anspruchsvolle Aufgabe.

Befreundete Hardcore-Verschwörungstheoretiker haben sich mir noch mit zwei weiteren Fragen angedient, die mir allerdings ein wenig zu Hoppywood sind: Warum sind die Sponsoren, die mündliche Zusagen gaben, so überraschend von der deutschen Bewerbung abgesprungen? Werden diese Sponsoren sich jetzt trotzdem beim Solheim Cup in St. Leon-Rot engagieren?

All diese Fragen sind hochspekulativ. Es gibt keine Beweise, dass irgendetwas unsauber bei der Vergabe des Solheim Cup gelaufen ist. Und so wird auch im SPON-Text nichts behauptet oder unterstellt. Es wird nicht mal etwas angedeutet. Einzig in der Überschrift steht das Wort “Geschmäckle” - und wenn Menschen beim reinen Lesen der Fakten, dieses Gefühl beschleicht, dann geht das in meinen Augen in Ordnung.

Natürlich hätte ich es mir als Hamburger Jung gewünscht, dass der Cup nach Gut Kaden geht. Im ersten Moment war ich sogar etwas sauer, als ich davon hörte, dass nun St. Leon-Rot Austragungsort ist. Dieses Gefühl ging allerdings schnell vorüber: Ich freue mich, dass der Solheim Cup nach Deutschland kommt – St. Leon-Rot ist ein großartiger Austragungsort. Der Platz ist top, der Club hochprofessionell mit einem großen Schwerpunkt auf die Jugendarbeit geführt. Alle Bedenken, die ich spontan in Bezug auf Hotels und Verkehrsanbindung hatte, waren wohl unbegründet.

Zum ersten Mal findet in der Geschichte des Wettbewerbs der Junior Solheim Cup auf der gleichen Anlage wie der “große” Solheim Cup statt. Das ist mehr als nur lobenswert – und eine echte Bereicherung.

Ich finde auch einige Ansätze aus dem Vermarktungs-Konzept, dass mir Schulz-Hanßen kurz und knapp erklärte, sehr gut. Insbesondere das leidige Thema Golf im Free-TV könnte 2015 eine wunderbare Lösung finden: St. Leon-Rot ist im Besitz der deutschen Fernsehrechte und überlegt, das Turnier in Echtzeit im Internet zu zeigen.

Andere Probleme halte ich bislang für weniger gut durchdacht. Um die nötige Aufmerksamkeit für den Solheim Cup in Deutschland zu generieren (direkt nach dem Solheim Cup 2013 in Parker, USA, soll die Kampagne starten), liegt das Augenmerk von St. Leon-Rot derweil hauptsächlich auf den sozialen Medien. Zusammen mit der Allianz hatte man für die hauseigene Jugendturnierserie “Lucky 33″ ein Facebook-Konzept entwickelt – dieses soll angepasst auch für den Solheim Cup zum Einsatz kommen.

Das Facebook & Co doch eher eine kleine Gruppe der aktiven Golfspieler im DGV ansprechen, ist zwar angesichts der heutigen Zeit schwer zu glauben, aber dann aufgrund der Alterstruktur in den deutschen Golfclubs wohl doch nicht so verwunderlich. Ob dieses auch Schulz-Hanßen bewusst ist, weiß ich nicht.

Natürlich sollen zusätzlich in den Clubs der Republik bei Turnieren VIP-Packages für analoge Golfspieler ausgelobt werden – doch ich bezweifle, dass das ausreicht, um eine nationale Begeisterung zu entfachen oder um zumindest ein Bewusstsein für den Solheim Cup zu entwickeln.

Mir gefiel der Ansatz der DGS besser, flächendeckend die Clubgolfer auf den Solheim Cup einzustimmen und das Turnier in Deutschland bekannter zu machen. So sah das Konzept unter anderem vor, den DGV-Ausweis im Solheim-Cup-Branding zu verschicken. Alle dem Verband zugehörigen Kanäle wie golf.de und mygolf.de sollten rechtzeitig bespielt werden. Auch hier waren Turnierserien in ganz Deutschland angedacht.

Rückblickend betrachtet bin ich enttäuscht vom Verhalten des DGV. Ich hatte als Außenstehender nie das Gefühl, dass vom Verband tatsachlich eine große Unterstützung da war. Es ist mir ein Rätsel, warum von vornherein die Finanzierung eines sportpolitisch so wichtigen Events von Sponsoren abhängig gemacht wurde.

Mit Freude hätte ich pro Jahr 5 Euro mehr mit meinen Beiträgen überwiesen, um den Solheim Cup mit größtmöglichem Einfluss des DGV in Deutschland auszurichten. Bei über 600.000 Mitgliedern hätte das Geld bestimmt dicke gereicht. Ich gebe zu, dass ich mich in den Verbandsstatuten nicht besonders gut auskenne, aber wäre es tatsächlich nicht möglich gewesen, diesen finanziellen “Kraftakt” den deutschen Clubgolfern aufzuerlegen?

Letztendlich ist der Solheim Cup nach Deutschland gekommen. Das ist wunderbar. Wie das gelingen konnte, ist nun für viele zweitrangig. Es gilt: Wer zahlt, schafft an. Man muss dem Golfclub St. Leon-Rot gratulieren und nur das Beste wünschen. Und natürlich seinen Möglichkeiten entsprechend mit dazu beitragen, dass das Turnier ein Erfolg wird.

Trotzdem: Kritik muss weiterhin erlaubt sein.

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Kaymer geht auf die PGA Tour – eine Mettmännchenrechnung

Martin Kaymer hat sich entschieden: 2013 möchte der Mettmanner Mitglied der US-amerikanischen PGA Tour sein.  Dieses sei „eine große Herausforderung und der nächste logische Schritt in meiner Karriereplanung, auf den ich mich nun sehr freue und auch bereit fühle. Ich spiele sehr gerne auf der European Tour und bin froh, dass der Turnierkalender mir diese Möglichkeit in der kommenden Saison eröffnet“, lässt Kaymer auf seiner offiziellen Homepage schreiben.

Petra Himmel hat auf golf.de dann auch schon mal gleich orakelt, welche Turniere unser Martin spielen wird:  „Nachdem die World Golf Championships und alle vier Majors ohnehin für beide Touren zählen, die European Tour aber über eine Lockerung ihrer Bestimmungen nachdenkt, könnte Kaymer dann ab Oktober wieder bei den großen und preisgeldstarken Turnieren der European Tour in Asien einsteigen, bevor es zum Saisonfinale in Dubai kommt. … Die BMW International Open ist für den BMW-Partner Kaymer Pflicht, auch die British Open steht alljährlich auf dem Turnierkalender. Ansonsten dürften aber nur die Turniere in den Emiraten zu Beginn der Saison als Fixpunkt gelten.

Ich denke, so einfach wird das nicht. Die Mitglieder der PGA Tour haben nämlich einige Verpflichtungen gegenüber der US-Turnierserie. Eine ist, dass diese nicht einfach irgendwo auf der Welt spielen dürfen, wenn gleichzeitig ein PGA-Tour-Event ansteht.

Hier mal ein kleiner Auszug aus dem Regelwerk der PGA Tour:

Obligations of PGA TOUR Members
To contribute to the success of a PGA TOUR tournament or event and to permit PGA TOUR to fulfill its contractual obligations concerning
representative fields, no PGA TOUR member shall participate in any other golf tournament or event on a date when a PGA TOUR (Regular TOUR)
cosponsored tournament or event for which such member is exempt is scheduled, except for the following tournaments or events:

a. A tournament or event for which a member obtains an advance written release for his participation from the Commissioner (See Guidelines for Conflicting Event Release set forth below); Note: No conflicting event releases will be approved for tournaments held in North America.

(Die Punkte c und d können wir hier mal getrost weglassen…)

d. Golf tournaments on the home circuit of a foreign player who is a PGA TOUR member.

Wichtig ist Punkt d. Der sogenannte “home circuit” ist in Kaymers Fall Europa. Und zwar das geografische Europa (Nachtrag: inklusive Tunesien & Marroko – keine Ahnung warum). Dem deutschen Pro wird es erlaubt sein, dort drei Turniere während der kommenden Saison zu spielen, die zeitgleich mit Turnieren der PGA Tour stattfinden. Sollte er an mehr als 20 Events auf US-Boden teilnehmen (was wohl nicht der Fall sein wird), darf er noch ein paar mehr in der Heimat besuchen. Für alles andere braucht er die ausdrückliche Genehmigung von PGA-Tour-Commissioner Tim Finchem.

Sprich:  Kaymer darf schon mal mit dem Bittbriefeschreiben anfangen. Für den Golfswing (Abu Dhabi, Qatar, Dubai), der bekanntermaßen in Asien beheimatet ist, benötigt er die persönliche Erlaubnis von Finchem.  Gleiches gilt für das Malaysian Bank Open, das mit schönen Antrittsprämien lockt, und natürlich für das Saisonfinale der European Tour in Dubai.

Zumindest zwei der drei Turniere auf europäischem Boden, die Kaymer ohne Veto von Finchem spielen darf, sind vorhersehbar: die BMW PGA Championship in Wentworth und das BMW International Open in München. Ob Kaymer dann auch noch für seinen Sponsor in Italien beim BMW Italian Open aufteen muss, möchte ich nicht beschwören. Sollte er sich nämlich noch auf das British Open bei den Scotish Open vorbereiten wollen, wird es schon wieder eng mit dem unentschuldigten Fehlen auf der PGA Tour.

Wer außerdem glaubt, dass Tim Finchem mit Freude kleine Freibriefchen an weltreisende PGA-Tourspieler verteilt, der irrt. Der Commissioner steht in der Pflicht. Finchem muss den TV-Stationen und Turniersponsoren genügend Stars liefern – und hat deshalb kein Interesse daran, dass seine Spieler ständig auf anderen Hochzeiten tanzen. Ob es deshalb für Kaymer Extrawürste von Finchem geben wird, ist fraglich.

Auf den Deutschen scheint derweil keiner auf der PGA Tour gewartet zu haben. Weder golfdigest.com, golf.com oder golfchannel.com ist der Wechsel eine Meldung wert.

Auf der PGA Tour wird Kaymer nur noch einer von vielen sein. Zu den Stars gehört er nicht, dafür sind seine Leistungen zu schlecht. Nicht einmal der Major-Erfolg oder ein Ryder-Cup-Putt können daran etwas ändern. Langer ist drüben eine Legende, Kaymer nur ein zweiter Ben Curtis.

Über Kaymers Beweggründe, jetzt über den großen Teich zu wechseln, kann man nur rätseln. Sportlich wird er es dort schwerer haben. Manch einer munkelt, dass der Mettmanner den US-amerikanischen Markt für sich erobern möchte. Dumm nur, dass alle, die sich noch für ihn interessieren, in Deutschland sitzen.

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Ein offener Brief an Sky

Liebe Programmverantwortlichen von Sky,

warum schreibe ich einen offenen Brief? Weil ich die Befürchtung habe, dass sonst das Schreiben einfach so in der Versenkung verschwindet. Und weil ich hoffe, dass vielleicht noch ein paar Leute diesen Brief lesen, die ähnlich denken.

Martin Kaymer hat nach dem Ryder Cup eure Golfberichterstattung gerügt. Der Kommentar von Carlo Knauss war ihm nicht emotional genug. “Wenn man einen der größten Sport-Events so kommentiert, finde ich das lächerlich”, sagte Kaymer in einer Pressekonferenz. “Ich war nahe dran, sie anzurufen und zu fragen, was los ist.”

Die Kritik hat euch erreicht. Ihr habt geantwortet.

“Um ganz ehrlich zu sein, ist uns bislang das übergroße Interesse von Martin Kaymer an der deutschen Golf-Berichterstattung noch gar nicht aufgefallen”, lässt euer Pressesprecher launig verlauten. Am Kommentar gibt es aber nach eurer Auffassung nicht zu mäkeln. Mangelnde Emotionen seien das Produkt einer ausgewogenen journalistischen Berichterstattung.

Einen Lösungsvorschlag für interessantere Übertragungen hat euer Sprecher auch parat:  “Wir würden uns über einen sogenannten Media-Day mit einigen Top-Spielern zu Beginn der Saison freuen. Dabei könnten Interviews und sogenannte Aufsager für Programm-Trailer aufgezeichnet werden, die während der gesamten Saison gesendet werden könnten.”

Erst habe ich Tränen gelacht als ich diese Aussagen gelesen habe, dann habe ich mich unendlich geärgert. Über eure Arroganz. Eure Unverfrorenheit. Eure Selbstwahrnehmung.

Seit Jahren wird eure Golfberichterstattung beziehungsweise deren deutscher Kommentar kritisiert. Und zwar nicht von einer Handvoll Nörgler, sondern von einer Vielzahl eurer Abonnenten – der zahlenden Kundschaft. Darauf gab es meines Wissens keine Resonanz.

Carlo Knauss berichtet emotionslos. Seine Kommentare sind langweilig. Sie wiederholen sich. Er vermittelt keine Hintergründe, stattdessen werden Phrasen gefolgt von langen Pausen serviert. Mit journalistischer Ausgewogenheit hat dies nichts zu tun. Es fehlt ihm schlichtweg das Talent und das Handwerk für den Job.

Irek Myskow hat ähnliche Probleme. Allerdings sind seine Phrasen noch hohler und voller schiefer Bilder. Wie es um seine journalistische Ausgewogenheit bestellt ist, ist eine schwierige Frage. Myskow war Spielerbetreuer auf der Tour, stand auf der Lohnliste von Taylormade. Inwiefern er diese Tätigkeiten noch immer ausübt, ist mir nicht bekannt. Sein Kommentar lässt aber häufig an seiner Unabhängigkeit zweifeln.

Inwieweit im Vorfeld aufgezeichnete Aufsager und Interviews mit Top-Spielern die Programmqualität verbessern sollen, ist mir ein Rätsel. Diese hätten sich wahrscheinlich spätestens nach zwei Turnieren versendet. Danach wären sie nur noch eine ewige Wiederholung. Genau wie der Schüco-Spot. Genau wie die Rolex-Tipps (journalistisch ausgewogen kommentiert von Carlo Knauss). Genau wie der Audi-Spot. Genau wie die Phrasen eurer Kommentatoren.

Natürlich habe auch ich Vorschläge für eine Verbesserung eurer Golfübertragungen. Der erste Ratschlag ist ganz einfach: Sucht euch neue Kommentatoren, die Schlagfertigkeit mit Fachwissen verbinden und lasst sie als Team ans Mikrofon. Ich möchte endlich ein paar junge und engagierte Golfexperten mit Leidenschaft hören.

Ist das zu viel verlangt? Ich denke nicht. Wer denkt ähnlich?

Mit freundlichen Grüßen

Euer Abonnent Denis Krick

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Das teuerste Gummiband des Golfsports

Der Glaube versetzt bekanntlich Berge. Nur so kann ich es mir erklären, dass es noch immer Leute gibt, die mit Produkten der Firma Power Balance rumlaufen. “I want to believe”, sagte ja auch schon FBI Special Agent Fox Mulder aus “Akte X” und jagte Außerirdische hinterher. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass sich der Mann jemals ein Siliconarmband mit Hologramm umgehängt hätte, um auf der UFO-Pirsch größeren Erfolg zu haben.

Die Armbänder von Power Balance haben erwiesenermaßen keinen Effekt auf irgendwas. Zu diesem Ergebnis sind in den vergangenen Jahren diverse unabhängige Untersuchungen und Studien (siehe z. B. hier und hier) gekommen. Angeblich sollten die Bändchen nach Firmenangaben Gleichgewicht, Stärke und Flexibilität erhöhen. Von wegen. Die vermeintlichen Effekte entstammten entweder der Einbildung der Träger (Ich sag nur Placebo) oder beruhten auf Taschenspieler-Tricks der Verkäufer (eine Erklärung dazu gibt es unten als Youtube-Video). Man kann sich genauso gut eine Hasenpfote in die Unterhose stopfen.

In Australien wurde die einst irreführende Werbung des Unternehmens erfolgreich angeprangert. Gleiches geschah in Italien und den Niederlanden. Im Heimatland USA wurde Power Balance aus den ähnlichen Gründen vor Gericht gezerrt. Die Firma entschied sich 2011 für einen kostspieligen Vergleich – und meldete danach Insolvenz an. Daraufhin verklagten ehemalige Werbeträger wie die Basketballspieler Shaquille O’Neal und Kobe Bryant das Unternehmen – die Stars fühlten sich um ihre Honorare betrogen. Die großen Namen trugen die Bänder nämlich keineswegs nur aus sportlichen Gründen.

Warum ich das jetzt hier alles schreibe? Weil ich gestern in einer Filiale von Golf House war und die die Bänder tatsächlich noch immer an der Kasse verkaufen. Im Online-Shop steht es sogar unter der Rubrik Trainingsgeräte. 39,90 Euro soll eines dort kosten.

Power Balance ist noch immer im Geschäft. Sie haben nur ihre Werbung verändert – und hüten sich, irgendwelche Behauptungen aufzustellen, die sie vielleicht beweisen müssten. Dazu möchte ich nur das Q&A der deutschen Homepage von Power Balance zitieren:

“Wir wissen, dass es auch kritische Stimmen zu unseren Produkten gibt, aber wir versuchen nicht, Skeptiker vom Gegenteil zu überzeugen. Für uns ist nicht entscheidend, was andere darüber denken, sondern ausschließlich die Zufriedenheit unserer Kunden.  Jeder kann und sollte für sich selbst entscheiden, ob er unsere Produkte ausprobieren möchte oder nicht. Wir versprechen nichts.”

Na, das ist doch mal ein Deal.

“The Big Break”: Dreams are my Reality

2003 hatte der Golfchannel eine clevere Idee: Sie klauten einfach ein erfolgreiches Reality-TV-Format. “Survivor” lief damals schon drei Jahre auf CBS. In der Show mussten die Kandidaten auf einer einsamen Tropeninsel allerhand Prüfungen bestehen bis nur noch einer übrig blieb – und der kassierte dann ein sattes Preisgeld. Der Golfchannel ließ sich davon inspirieren und verlegte das ganze Treiben einfach auf den Golfplatz – “The Big Break” war geboren.

Die Fernsehshow ist seit Anbeginn aller “Big Break”-Zeiten eine meiner “guilty pleasures”. Wenn ich auf Roadtrip in den USA bin, dann gibt es nach einer Runde Golf nichts Schöneres als mir abends im Hotel die Serie im TV reinzuziehen. Glücklicherweise muss man aber gar nicht über den Teich fliegen, um “The Big Break” zu schauen: Der Golfchannel hat fast alle Staffeln online gestellt – und die sind auch in Deutschland problemlos zu sehen (siehe Links unten).

Natürlich ist “The Big Break” überdramatisch inszeniert. Hier geht ist in den meisten Fällen nicht um Birdie, Par oder Bogey, sondern um Leben und Tod. Schließlich warten als Hauptpreis meist irgendwelche Exemptions zu PGA- oder LPGA-Turnieren sowie ein Sponsoringdeal mit Adams Golf. Manchmal gibt es noch einen Urlaub und Cash obendrauf. Dafür müssen die Kandidaten dann irgendwelche Matchplays gegeneinander gewinnen, einen Flopshot über eine hohe Mauer schlagen oder Glasscheiben zerbrechen. Alles herrlich gaga, eine ewige Wiederholung und trotzdem höchst unterhaltsam.

Manche Staffeln haben nur Frauen als Teilnehmer – und die werden dann im Laufe der “Big Break”-Historie immer geschmeidiger abgefilmt. Knappe Höschen, pralle Blusen, saubere rasierte Beine: Sex sells.

Nichtsdestotrotz lassen sich die Produzenten nicht auf alle dreckigen Reality-Spielchen ein. Zwar werden auch mal die Streitigkeiten zwischen den Spielern thematisiert, aber den richtigen Schmutz zeigt man nicht. Das hat mir zumindest der Bruder einer LPGA-Spielerin erzählt, die bereits zweimal beim “Big Break” dabei war. Der gute Mann hatte einiges zu berichten: von Affären unter den Spielern bis hin zum klassischen Zickenterror. Er selbst war zweimal in der engeren Auswahl für die Teilnahme, doch den “Cut” hat er nie geschafft. “Ich bin einfach zu normal”, sagte er mir. Beim Casting würde der Golfchannel ganz bewusst nach Freaks, Egozentrikern, süßen Pos, Beaus und außergewöhnlichen Typen Ausschau halten. Das reine Golftalent reiche nicht.

Freaks und Geeks gab es bislang reichlich bei “Big Break”. So konnte man unter anderen Tommy “Two Gloves” Gainey, Sophie Sandolo, James Nitties, Sara Brown, Ryan O’Toole oder Kip Henley bewundern. Dazu gab es noch richtige Hassfiguren wie Anthony “A-Rod” Rodriguez, Pat Perez’ Bruder Mike und der unschlagbar furchtbare Brian Skatell.

So. Hier nun die Links. Kleiner Tipp: Man sollte unbedingt die Staffeln in der richtigen Reihenfolge gucken!

Und wo ihr da gerade beim Golfchannel seid, empfehle ich auch mal ins Haney Project reinzuschauen. Die Staffel mit Charles Barkley ist zwar lustig, aber richtig gut werden erst die Folgen mir Ray Romano. Rush Limbaugh kann man sich hingegen sparen.

The Big Break
http://www.golfchannel.com/tv/the-big-break/

The Big Break: Las Vegas
http://www.golfchannel.com/tv/big-break-ii/

The Big Break III
http://www.golfchannel.com/tv/the-big-break-ladies-only/

The Big Break: USA vs Europe mit “Two Gloves”
http://www.golfchannel.com/tv/big-break-usa-vs-europe/

The Big Break: Hawaii
http://www.golfchannel.com/tv/the-big-break-hawaii/

The Big Break: Trump National
http://www.golfchannel.com/tv/the-big-break-trump-national/

The Big Break: Mesquite
http://www.golfchannel.com/tv/big-break-mesquite/

The Big Break: Kaanapali
http://www.golfchannel.com/tv/big-break-kaanapali/

The Big Break: Reunion
http://www.golfchannel.com/tv/the-big-break-reunion/

The Big Break: Michigan
http://www.golfchannel.com/tv/big-break-michigan/

The Big Break: Prince Edward Island
http://www.golfchannel.com/tv/big-break-prince-edward-island/

The Big Break: Disney Golf
http://www.golfchannel.com/tv/big-break-disney-golf/

The Big Break: Sandals Resorts
http://www.golfchannel.com/tv/big-break-sandals/

The Big Break: Dominican Republic (Reunion-Show, mein Favorit!)
http://www.golfchannel.com/tv/big-break-dominican-republic/

The Big Break: Indian Wells
http://www.golfchannel.com/tv/big-break-indian-wells/

The Big Break: Ireland
http://www.golfchannel.com/tv/big-break-ireland/

The Big Break: Atlantis
http://www.golfchannel.com/tv/big-break-atlantis/

 

Screenshot Sky Deutschland

BMW Championship: The Ultimate Marketing Machine

Screenshot Sky Deutschland
Screenshot Sky Deutschland

Ich mochte die BMW Championship in der vergangenen Woche. Spannend war es (fast) bis zum Schluss und große Namen tummelten sich an der Spitze des Leaderboard. Dazu fand ich den Kampf um Platz 30 im FedEx-Ranking und damit um das letzte Ticket zum Tour-Finale in Atlanta auch nicht so uninteressant. Eine Sache ging mir aber im Laufe der Übertragungen gewaltig auf den Zeiger: BMW.

Die Automobilbauer aus Bayern haben als Titelsponsor anscheinend einen ausgefuchsten Deal mit der PGA Tour oder nutzen in den USA einfach nur ziemlich clever ihre Macht als Premium-Anzeigenkunde. Egal wie sie es geschafft haben: Die TV-Bilder des Turniers waren ein Marketingtraum – zumindest für die Marketingabteilung von BMW. Es war eine Golfversion der Pro7-Wok-WM.

Ich bin ja vieles gewohnt: Ein Auto als Hole-in-One-Belohnung, das gut sichtbar hinter der Teebox steht, adrette Stewardessen mit Regenschirm, das Logo des Sponsors an den Abschlagsmarkierungen oder auf den Caddie-Westen. Alles in Ordnung. Selbst an das unsägliche Kurzinterview mit irgendeinem Vize-Präsidenten des jeweiligen Titelsponsors habe ich mich gewöhnt. Aber BMW hat in den vergangenen vier Tagen den Vogel abgeschossen.

An Bahn 17 wurde die Motorhaube eines BMW fester Bestandteil der Übertragung und mit der Einblendung des Leaderboard gab es den Slogan der Münchner “The Ultimate Driving Machine” noch umsonst dazu. Die Hole-in-One-Karre wurde für mein Befinden ebenfalls extrem häufig gezeigt – und die Lobrede des Kommentators auf das Gefährt war eine klare Bewerbung um eine Testfahrt. Das kein Grün in einem BMW-Autohaus lag, grenzte schon an einem kleinen Wunder.

Höhepunkt der Werbeveranstaltung war jedoch der aufwändig produzierte Einspieler, in dem BMW-Nordamerika-Boss Ludwig Willisch über das gute Tun des Unternehmens schwadronieren durfte. Die zwei BMW-Filmchen auf dem offiziellen Youtube-Kanal der PGA Tour (siehe unten) wirken dagegen wie kritischer Journalismus.

Natürlich haben Titelsponsoren ein Recht darauf, dass ihre Marke ins Bild kommt – in diesem Fall wurde aber für mein Gefühl eine Grenze überschritten. BMW wurde regelrecht inszeniert und Teil des Spektakels. Und auch aus Marketingsicht halte ich die Penetranz und Penetration der Bayerischen Motorenwerke  nicht für besonders clever. In meinem Fall löst die Marke BMW seit dem Wochenende negative Gefühle aus: Als ich heute am frühen Morgen in mein Auto stieg, dachte ich für einen kurzen Moment, die Windschutzscheibe sei von Schüco.

Screenshot Sky Deutschland
Screenshot Sky Deutschland

 

signale

Volkssportler, hört die Signale!

Ich rege mich gerne auf. Nicht beim Golf. Da bin ich meist die Ruhe selbst. Die Verzweiflung nagt auf dem Platz eher in mir und braucht nur selten einen Kanal nach draußen. Ich rege mich allerdings gerne über den deutschen Golfsport an sich auf. Die Verbände haben es mir da inzwischen ganz besonders angetan.

Viele Dinge, die seit Jahren in meinen Augen schief laufen, sind unseren wunderbaren Funktionären anzulasten. Es bewegt sich wenig und wenn doch, dann häufig rückwärts. Problemen geht insbesondere der DGV nicht wirklich auf den Grund, dafür ist man schnell dabei, fadenscheinige Entschuldigungen für Desaster wie die deutsche Ryder-Cup-Bewerbung zu finden.

Kritik funktioniert nur bedingt. Der DGV hört nur auf sich selbst, nicht auf externe Meinung. Und schon gar nicht auf meine Wenigkeit, einem Blogger. Man kann diesen Laden nur von innen ändern. Und genau das möchte ich versuchen.

Vielleicht ist es ein Anflug von Wahnsinn, wahrscheinlich habe ich einfach nur die Schnauze voll vom Zusehen: Ich möchte mich aktiv im Verband engagieren. Zunächst auf Clubebene.

In meinem Club läuft es eigentlich gut. Ich halte viel von unserer Jugendarbeit, dem Management und der grundsätzlichen Ausrichtung – ein wenig frisches Blut könnte dem Vorstand trotzdem gut tun. Deshalb werde ich mich im kommenden Jahr zur Wahl stellen. Wahrscheinlich werde ich nicht in ein Amt gehoben werden – aber ich versuche es wieder. Und wieder. Bis es klappt. Und es könnte ja sein, dass ich es irgendwann in den Landesverband schaffe. Oder in den DGV.

Ich bin mir sicher: Nur so kann sich langfristig etwas ändern. Vielleicht gibt es ja noch ein paar Wahnsinnige, die ähnlich denken – und die in ihren Clubs ähnliches versuchen wollen. Dann wäre ich zumindest nicht allein mit der kleinen Revolution. Dem deutschen Golfsport würde das mit Sicherheit gut tun. Je mehr wir sind, um so größer ist die Chance, dass einer Gehör findet.

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Für mehr Golfer und weniger Mitglieder!

“Wie modern ist unser Sport?”, fragt das aktuelle Golf Journal auf der Titelseite. “Golf 2.0″ prangt darüber  in dicken Lettern. Eine interessante Frage, die allerdings nicht wirklich beantwortet wird. In dem ausführlichen und lesenswerten Dossier von Stefan Maiwald (der mich auch dazu gebracht hat, das GJ mal wieder zu kaufen) geht es eher darum, wie man den Sport populärer machen kann – und neue Spieler an Golf heranführt.

Maiwald schreibt, dass der Sport zwar rein nach den Mitgliederzahlen in den Clubs wächst, aber leider dieses hauptsächlich bei der älteren Generation stattfindet. Der Nachwuchs stagniert und nimmt teilweise sogar ab. Die Golfclubs brauchen aber neue Mitglieder, um zu überleben. Was in dem Artikel folgt, ist eine ausführliche Beschreibung vieler Maßnahmen, um die Attraktivität des Golfsports zu steigern.

Runden sollen schneller, Plätze einfacher, Regeln simpler und Turniere kürzer werden – das sind, sehr komprimiert, die Anregungen, die Maiwald eingesammelt hat. Alles schöne Ideen, die ich teilweise auch nachvollziehen beziehungsweise unterstützen kann. Jedoch gehen diese Lösungsvorschläge, die hauptsächlich aus den USA stammen, völlig am deutschen Problem vorbei.

Wer glaubt, dass mit einmal der große Ansturm auf die Golfclubs beginnt, wenn der Sport hierzulande einfacher und schneller gemacht wird, der irrt gewaltig. Unser Nachwuchsproblem ist vom Deutschen Golf Verband (DGV) hausgemacht.

Platzreife, Klassengesellschaft bei den DGV-Ausweisen, Verteufelung von Fern- und VCG-Mitgliedschaften – in Deutschland setzen Verband und Clubs alles daran, um potentielle Gäste aus In- und Ausland sowie Neueinsteiger fernzuhalten. Anstatt Greenfee-Spieler aller Art herzlich willkommen zu heißen, werden Schranken aufgebaut. Es hat allen Anschein, als sei man nicht an der Entwicklung des Golfsports in Deutschland interessiert, sondern eher an neuen Mitgliedern, denen man ein güldenes Hologramm verpassen kann. Golf hat im Verband stattzufinden, nicht außerhalb.

Die Argumentation für all diesen Klimbim erschließt sich mir nicht. Allein die Platzreife ist ein erschreckendes Beispiel für die deutsche Golfplatzbürokratie. Angeblich sollen so die Nichtskönner und Etikette-Verächter ferngehalten werden. Funktioniert allerdings nicht, die Pitchgabel-Verweigerer, Golfschnecken und Wasserangler spielen schon seit Jahrzehnten nicht nur bei mir im Club – natürlich mit goldenem Hologramm und Platzreife. Statt einer Prüfung, die eh jeder Pro machen kann wie er will, wäre der konsequente Einsatz von Marshals, die auf dem Platz für Tempo und Ordnung sorgen, sinnvoller.

Absolut kontraproduktiv ist auch die Greenfee-Politik der meisten deutschen Golfclubs. Diese belegen Spieler ohne den richtigen DGV-Ausweis freudig mit Strafzöllen – wenn sie diese denn überhaupt auf den Platz lassen. Dass so mancher Spieler dann einfach grundsätzlich dem Club fernbleibt (und dieser dann überhaupt kein Geld sieht) und diese Aufschläge auch keine tolle Strategie sind, um potentielle Neumitglieder zum Beitritt zu begeistern, merken die Verantwortlichen dabei nicht.

Wie es richtig geht, sieht man in den USA oder in Schottland. Letzteres immerhin das Mutterland des Golfsports. Dort wurde ich bislang kein einziges Mal nach einem DGV-Ausweis, einer Platzreife oder meinem Heimatclub gefragt. Stattdessen musste ich nur die Greenfee über den Tisch schieben – und ab ging es auf den Platz. Ein Chaos gab es deshalb nicht auf den Fairways oder Grüns.

Immer wieder beschweren sich Funktionäre und Clubs über Fern- bzw. Auslandmitgliedschaften. Warum manche Leute diesen Weg wählen, wird dabei nie hinterfragt. Dabei liegt der Grund auf der Hand: Viele Clubs bieten keine vernünftige Alternativen an. Wenn einer mal eine kostengünstige Handicap-Führung ohne volles Spielrecht und mit leicht ermäßigter Greenfee im Programm hätte, gäbe es alleine aus meinem erweiterten Bekanntenkreis jede Menge Interessenten.

Ziel des DGV und der Clubs sollte eigentlich sein, nicht den Sport, sondern den Zugang zum Sport einfacher zu gestalten. Der Weg zum Platz darf nicht zum Hürdenlauf werden. Clubs sollten nicht abschrecken, sondern zum Spielen einladen.

Es ist mir ein Rätsel, warum der DGV nicht einmal seine prall gefüllte Geldschatulle öffnet und zusammen mit den Kommunen eigene 9-Loch-Plätze errichtet. Diese Public Courses sollten nicht nur günstige Greenfees für Jedermann anbieten, sondern auch Schulen und klassischen Sportvereinen, die Möglichkeit zum Spielen bieten. Weiterhin könnte der Verband einen Premium-Course bauen, der als Austragungsort für Profi- und wichtige Amateurturniere taugt. Vielleicht sogar für den Ryder Cup.

Im GJ-Dossier findet sich übrigens auch ein sehr gutes Interview mit dem PR-Agenturinhaber Mirko Lange. Hier wird wunderbar Klartext gesprochen. Golf habe noch immer das “Schickimicki”-Image, einen Kaymer-Effekt gebe es nicht, dafür aber ein riesiges Kommunikationsproblem. Volksnah ginge anders, lautet ein Fazit. Recht hat der Mann.

Ziemlich peinlich ist allerdings, dass nur ein paar Seiten weiter Alois Hartl zu Wort kommen darf. Dieser ist Präsident des Golf Resort Bad Griesbach, gern gesehener Anzeigenkunde und laut Golf Journal ein Herr, der “maßgeblich zur Popularisierung des Golfsports in Deutschland beigetragen hat”. Hartls Statements beweisen mir das Gegenteil.

Der bayrische Zampano freut sich darüber, dass bald 25 Prozent der Bevölkerung über 60 sein werden – und damit neue Kundschaft kommt. Außerdem wünscht er sich mehr Sozialprestige für den Sport und festlichere Siegerehrungen. Regeln seien nicht wichtig, an die halte sich schließlich eh niemand. Und warum so wenig junge Menschen Golf spielen, das weiß Herr Hartl auch: Es gibt halt keine Hüttengaudi wie beim Skifahren.

Vielleicht sollte mal jemand dem Alois sagen, dass er ganz maßgeblich Teil unseres Problems ist.