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Road To Portugal ODER Arne will es wissen

Für einen kurzen Moment ist Arne Gebhardt an diesem Abend in der Hamburger Golflounge schon ganz Profi. Auf die Frage, was passieren würde, wenn er 2015 die Spielberechtigung für die European Seniors Tour in der Tasche hat, gibt es zunächst eine klassische Sportstudio-Antwort. “Ich will mich nicht damit beschäftigen, wenn ich noch nicht einmal für die Qualifying School spielberechtigt bin”, sagt er.

Aber natürlich hat er sich damit schon beschäftigt. “Am 8. Juli 2015 werde ich 50. Das ist direkt vor den British Open der Seniors”, erzählt Arne. “Und ich hab dann überhaupt nur fünf oder sechs Turniere, die ich dann spielen darf.”

Und die würde er alle spielen. Koste es, was es wolle. “Im Zweifel leihe ich mir die Kohle. Die Chance kriegst du auch nie wieder.” Recht hat er. So würden wir alle es wahrscheinlich auch machen.

Audio: Wie Arne auf die Idee mit der Senior Tour kam

Fast jeder Golfer hat schon mal davon geträumt, als Profi auf der Tour sein Geld zu verdienen. Und die meisten Spätstarter denken dabei meist an die European Senior Tour, auf der man ab dem honorigen Alter von 50 Jahren aufteen kann. Die Preisgelder sind dort nicht üppig, aber in den Top Ten schon lukrativ. 2015 will Arne Gebhardt hier spielen.

Allein um zur Q-School zugelassen zu werden, muss er Handicap -1 oder besser erreichen. Im Moment steht er bei -1,6. “Es ist ein Experiment”, sagt der 48-jährige Vermögensberater. Ihn treibt nur eine Frage an: “Ist das machbar oder ist das völliger Quatsch?”

Arne hat spät im zarten Alter von 29 mit dem Golfen begonnen. “Fast genau vor 20 Jahren”, sagt er. Der Enstieg in den Sport fiel ihm leicht. “Ich habe Hockey gespielt”, erzählt Arne – und wer seinen Schwung sieht, kann diese Vorbelastung noch immer deutlich erkennen. Wenn der Single-Handicapper auf den Ball haut, schaut es nicht immer schön aus, aber Arnold Palmer hat schließlich auch nie Preise für seinen grazilen Schwung gewonnen.

Doch das ist nicht das einzig Ungewöhnliche an Arnes Technik: “Ich habe noch ne zweite Macke”, gesteht er.  “Ich spiele einen extremen Draw mit meinen Wedges.” Für diese Bogenlampen muss er sich deshalb extem weit rechts ausrichten.

Den Wunsch, seinen Schwung herkömmlichen Schönheitsidealen anzupassen, hat Arne bislang nicht verspürt. “Ich habe auch so immer mein Handicap verbessert”, sagt er. Als Beispiel führt er seine Chiptechnik an. “Da stemme ich tatsächlich meinen rechten Ellbogen in den Körper und schwinge nicht frei.” Sein Trainer habe wochenlang versucht, ihm das abzugewöhnen.  “Aber ich habe dann einfach nur scheiße gechippt.”

Arnes Bogenlampe in Zeitlupe

Trainieren muss er jetzt trotzdem wie ein Tier. Punktuelle Hilfe kriegt der Mannschaftsspieler von den Pros in seinem Golfclub Wendlohe. “Jetzt erst mal die Deutschen Jung-Senioren-Meisterschaften bei uns auf der Anlage und dann die Europameisterschaft Bulgarien”, sagt Arne zu seinen Prioritäten. “Diese beiden Dinger muss ich ordentlich durchziehen.” Ob er dann im August, September oder erst im Oktober das 1,0-Handicap knackt, ist ihm “scheißegal”. 60 bis 70 vorgabenwirksame Turnier möchte er 2014 spielen.

Im November will Arne dann zwei Wochen ins Trainingslager düsen, so viel durchspielen wie es geht und dann so früh wie möglich nach Portugal fliegen. Dort hat er sogar einen kleinen Heimvorteil. “Die Tour lässt Wünsche in Sachen Platz für die Pre-Quali zu”, erklärt Arne. “Ich könnte auf meinem Lieblingsplatz die Pre-Quali und auf meinem Zweitlieblingsplatz das Finale spielen” Den Gramacho-Kurs  besuche er fünf bis achtmal im Jahr – und das seit den letzten 20 Jahren.

“Ich hab da schon unter Par gespielt. Allerdings von gelb oder weiß und bei der Tour wird von Schwarz abgeschlagen”, sagt Arne.  “Aber das ist nicht schlimm, denn der Platz ist von Schwarz nicht lang. Er ist von Gelb eher kurz.”

Angst hat er nur von den Grüns. “Ich habe acht Tage nach dem Finale auf dem Platz gespielt und die Dinger waren richtig schnell”, berichtet der Hamburger. “Da ist nicht nur das Putten schwerer, sondern auch das Chippen und die Bunkerschläge.”

Arnes Taktik für die Q-School: Nicht mit Gewalt die langen Drives versuchen, sondern sicher auf Wedge-Reichweite schlagen. Da sei er gut und lege die Teile regelmäßig nah an die Fahne. “Das ist immer ein sicheres Par.” Seine Schwächen sieht Arne beim  Putten und den langen Eisen. “Auch aus dem Bunker ist noch Luft nach oben.”

Infografik: So kriegt man die TourkarteInfografikEST

 

Arne ist selbsständig und hat meist eine 40-Stunden-Woche, die er sich frei einteilt. “Der Rythmus existiert seit 20 Jahren”, sagt er. Volle Rückendeckung für sein Projekt kriegt er von seinen drei Kinder und der Freundin. Was fehlt, sind noch Sponsoren.

“Es gibt viele Gespräche und extrem gutes Feedback”, sagt Arne zu dem leidigen Thema.  “Und ich hoffe, dass in den kommenden vier Wochen auch was dabei rumkommt – und zwar nicht nur kostenlose Bälle.”

Aber nicht alle Mitmenschen finden sein Projekt lobenswert. “Dem einen oder anderen wird es wahrscheinlich auf den Sack gehen und in meiner Mannschaft gibt es da zwei oder drei, die das nicht so witzig finden – und die sich wahrscheinlich auch zu Recht für bessere Golfer halten”, berichtet Arne. “Aber das ist mir völlig egal.”

Ganz am Anfang seines Projekts fragte ihn ein Freund: “Willst du dich wirklich zum Gespött im Club machen, wenn es nicht klappt?” Arne hat darüber kurz nachgedacht – und schnell eine Antwort darauf gefunden: “Sollte ich das Handicap oder die Tour nicht schaffen, ist das auch nicht schlimm. In einem Jahr hat man in diesem Fall meinen Namen eh wieder vergessen.” Die einzigartigen Erfahrungen dieser Zeit könne ihm jedoch keiner mehr nehmen.

Arnes Facebook-Seite für das Projekt 2015

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Wie wird man Profigolfer?

Viel Geld, tolle Plätze, jede Menge Golf und schöne Frauen, äh, Pokale: Tourspieler ist so ein netter Beruf. Doch wie wird man das eigentlich?

Zuallererst muss natürlich das Handicap stimmen. Eine Stammvorgabe von 0 oder besser ist Grundvoraussetzung, um bei der PGA of Germany als Berufsgolfspieler anerkannt zu werden. Frauen und Senioren dürfen übrigens schlechter spielen. Hier liegt die Grenze bei -2. Weiterhin wird die deutsche Staatsbürgerschaft verlangt. Das Mindestalter ist 18 Jahre (Senioren: 50 Jahre). Kohle muss man auch noch abdrücken. Die Aufnahmegebühr der PGA of Germany beträgt 260 Euro plus eines jährlichen Beitrags von 330 Euro.

So, ist man erst einmal ein offizieller von höchster Stelle anerkannter Berufsgolfspieler geht es ans Geld verdienen. Und da ist aller Anfang schwer. Die erste Möglichkeit ist natürlich die deutsche EPD-Tour. Frischgebackene PGA-Profis (siehe oben) zahlen einfach 250 Euro Startgebühr pro Turnier und hoffen auf gute Ergebnisse. Gespielt werden drei Runden, nach zwei Tagen wird ausgesiebt. Für den ersten Platz gibt es meist ein paar tausend Euro, kurz vor Cut nur noch knapp 300 Euro. Von der Knete müssen natürlich Fahrtkosten, Unterkunft und Ravioli aus der Dose berappt werden. Da zahlreiche EPD-Turniere derzeit in Marokko und in der Türkei stattfinden, ist ein gut gefüllter Sparstrumpf zu Beginn der Karriere nicht unvorteilhaft.

Wer auf der EPD-Tour konstant gutes Golf und eine Menge Turniere spielt, der kann sich auf die Challenge Tour beziehungsweise die Teilnahme an der 2. Stage der Q-School der European Tour freuen. Die Top 5 der EPD-Geldrangliste schafft den direkten Einstieg in die Challenge Tour, der zweiten Liga im europäischen Profigolf.  Hier werden für den Sieger fünfstellige Preisgelder im unteren Bereich ausgeschüttet. Allerdings muss man dafür schon mal nach Kasachstan fahren … aber diese Ochentour hat Martin Kaymer schließlich auch nicht geschadet. Wer nach Abschluss der Saison auf der Challenge Tour unter den Top-20 steht, kriegt die Spielberechtigung für die “große” European Tour, wer ein wenig weiter hinten auf den Plätzen landet, der darf sich zumindest Hoffnungen machen, bei den kleineren Veranstaltungen der ET anzutreten. Spieler, die drei Turniere in einer Saison gewinnen, haben sich automatisch ihre Karte verdient.

Man kann sich die EPD- und Challenge Tour auch einfach sparen und gleich in der Qualifying School der European Tour auf dicke Hose machen (siehe das oben angeführte Video). 1350 britische Pfund kostet der Spaß und schon darf man als Profigolfer mitmachen. Allerdings müssen zahlreiche Auswahlturniere überstanden werden. Es gibt insgesamt drei Stages. Etwas über 700 Spieler versuchen sich anfangs, in der zweiten Runde sind noch knapp 310 Teilnehmer übrig, die für das Finale noch einmal auf 80 reduziert werden. In Deutschland wird das Stage-1-Turnier übrigens in diesem Jahr vom 20. bis 23. September am Fleesensee ausgetragen und die Top-6 der EPD-Tour kriegen das Vergnügen inklusive Unterbringung gesponsert.

Die besten 30 Spieler der Q-School-Finalrunde erhalten die Tourkarte der Kategorie 11 für die ET. Die Jungs, die den Cut schaffen, aber mit schlechteren Platzierungen das Turnier abschließen, dürfen sich über die Tourkarte der Kategorie 14 freuen. Die Opfer des Cuts werden immerhin mit einer Karte für die Challenge Tour getröstet.

Für mich ist natürlich interessant, wie man auf die European Seniors Tour kommt. Die gute Nachricht: Ich habe noch 11 Jahre Zeit, um an meinem Handicap zu schrauben. Die Stammvorgabe muss -1 oder besser sein und das 50. Lebensjahr erreicht sein, dann darf man bei der Rentner-Q-School mitmachen. 800 britische Pfund werden als Startgebühr verlangt, zwei Turniere müssen bravourös absolviert werden. Die besten 14 Spieler kriegen die Senioren-Tourkarte.

In diesem Sinne: Ich muss noch viel trainieren, ab auf die Range. Wir sehen uns in 11 Jahren!